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Fachkräftemangel in der Pflege Pflegeheime: mit eigenen Personalpools gegen teure Temporäre

Temporäre Pflegende verdienen mehr, zudem zahlen Heime auch für deren Vermittlung. Eigene Personalpools bringen Erleichterung.

Der Fachkräftemangel macht's möglich: Mitarbeitende in Pflegeheime kündigen und gehen zu einem Temporärbüro. Über diesen Umweg können sie sich bessere Arbeitsbedingungen aushandeln: Sie verdienen mehr und können mitbestimmen, wann sie arbeiten. Viele arbeiten dann nicht mehr nachts und an Wochenenden, sondern nur noch tagsüber.

Die Fachkräfte sind in einer guten Verhandlungsposition. Das gilt nicht nur für das hochqualifizierte Pflegefachpersonal, sondern mittlerweile auch für das Assistenzpersonal.

Für die Pflegeheime ist das ein grosses Problem, denn diese Fachkräfte sind kaum zu ersetzen. Die Heime müssen sie über Vermittlungsbüros ersetzen, zu deren Konditionen.

Domicil Bern bietet attraktive Alternative

Diese Temporären kommen die Heime teuer zu stehen. Laut Domicil Bern – einer Stiftung mit 22 Standroten in der Region Bern – kosten sie rund 1.7 Mal so viel wie Festangestellte. Domicil wehrt sich und bietet eine attraktive Alternative: Um weniger auf Temporäre angewiesen zu sein, hat Domicil Bern einen eigenen Personalpool gegründet.

Im «Flex Pool» arbeiten 40 Personen, die Domicil flexibel in einem der Heime einsetzen kann. Für das Heimpersonal sind die Stellen attraktiv, weil sie als Festangestellte besser abgesichert sind statt als Temporäre.

Pflegeperson wickelt Verband um Bein eines Patienten.
Legende: Bessere Arbeitsbedingungen als Temporäre: Durch eigene Personalpools wollen Pflegeheime der Abwanderung zu den Temporärbüros entgegenwirken. Gaetan Bally/Keystone

«Wir sind genauso Mitarbeitende von Domicil wie die anderen,» sagt auch Pia Messer. Die Pflegefachfrau arbeitet seit 14 Monaten im «Flex Pool». Aber gegenüber anderen Festangestellten gibt es einen Bonus: Für die Flexibilität bekommt sie eine Zulage von 42 Franken pro Tag.

Für Messer ist aber vor allem wichtig, dass sie jede Woche an denselben Tagen freihat, damit sie sich um ihre Eltern kümmern kann. Diese langfristige Planbarkeit ist in der Branche noch immer nicht Standard.

Den Arbeitsplan selber schreiben

Auch für die Pflegerin Naomi Guglielmino ist es eine grosse Entlastung, zu wählen, wann sie arbeiten wird: «Ich kann jeden Abend machen, was ich will.» Sie hat mehr Zeit fürs Privatleben: «Ich kann meinen Arbeitsplan selber schreiben, so flexibel arbeiten kann man in der Pflege sonst nie.»

Sie arbeitet fast nur noch tagsüber. Das tat sie auch schon als Temporäre, aber dort wusste sie nie, ob sie an den gewünschten Tagen tatsächlich Arbeit haben würde. Manchmal hatte sie unfreiwillig frei. Im Pool habe sie immer Arbeit.

Klar ist aber auch, dass Schichtarbeit zum Beruf gehört, denn die älteren Menschen sind rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen. Es können also nicht alle nur noch tagsüber arbeiten.

Jeden Tag in einem anderen Heim arbeiten

Der Flexpool ist ein Privileg, aber auch eine grosse Herausforderung für die Mitarbeitenden: immer wieder andere Räume, Abläufe und ein neues Team. Langweilig werde ihr definitiv nicht, bestätigt Pia Messer.

Als Pflegefachfrau trägt sie die medizinische Verantwortung für die Bewohner. Geht das überhaupt, wenn sie immer wieder andere Bewohnerinnen vor sich hat? «Ich kann ja alles in der digitalen Dokumentation nachlesen,» sagt Messer. Zudem könne sie mit den Leuten reden.

Für Domicil Bern ist der «Flex Pool» ein Erfolg. Ganz auf Temporäre verzichten könne man nicht, denn für Notfalleinsätze müssten noch immer Temporäre springen. Aber die planbaren Lücken würden sich so eher schliessen lassen: mit Studierenden ETWA, die in den Ferien voll im Einsatz sind, und mit Angestellten mit kleinen Kindern oder pflegebedürftigen Eltern, die so eher im Beruf bleiben.

Rendez-vous, 11.02.2025, 12:30 Uhr

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