30 Jahre lang gehörte die deutsche Fluggesellschaft zu den grössten Unternehmen Deutschlands und war damit Teil des Dax, des Deutschen Aktienindex. Nun fliegt sie aus diesem Index, wie die Deutsche Börse am Donnerstagabend mitteilte. SRF-Wirtschaftsredaktorin Charlotte Jacquemart über die Zusammenhänge.
SRF News: Was sind die Gründe dafür, dass die Lufthansa nicht mehr zum Dax-Index gehört?
Charlotte Jacquemart: Das ist eine direkte Folge der Coronakrise. Die Airlines haben ihren Betrieb fast komplett einstellen müssen. Das hat dazu geführt, dass die Anleger Airline-Aktien verkauft haben. Dadurch sind die Kurse eingebrochen. Im Fall der Lufthansa fiel die Aktie von 17 Euro auf 7 Euro. Dieser Kurssturz führt dazu, dass der ganze Lufthansa-Konzern nur noch knapp fünf Milliarden Euro wert ist. Und weil der Börsenwert eines der zentralen Kriterien ist, um in einen Börsenindex zu kommen, fällt die Lufthansa nun aus dem Dax raus. Andere Kriterien sind noch Handelsvolumen oder auch, wie liquide eine Aktie gehandelt werden kann.
Was bedeutet es für die Lufthansa, wenn sie nicht mehr im Dax ist?
In erster Linie ist es ein Imageverlust. Der Dax ist an der Deutschen Börse das, was bei uns an der Schweizer Börse der SMI ist. Es sind Leitindexe, und darin stecken die wichtigsten Titel eines Landes. Im Dax sind es deren 30.
Es sei schade und tue weh, da nicht mehr dazuzugehören, hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr zugegeben. Schliesslich war die Lufthansa seit Gründung des Dax dabei, seit über 30 Jahren. Aber Regeln seien halt Regeln, so Spohr. Das Überleben der Firma sei wichtiger als irgendwelche Börsenindizes.
Diese Indizes werden übrigens in allen Ländern von den Börsen regelmässig überprüft. Und da gibt es immer wieder Auf- und Abstiege. Die Lufthansa ist also in guter Gesellschaft.
Hat dieser Abstieg finanzielle Folgen?
Nicht direkt. Aber der Aktienkurs der Lufthansa könnte vorübergehend noch stärker unter Druck kommen. Wenn Aktien aus einem Index wie dem Dax fliegen, führt das dazu, dass auch gewisse Fonds die Aktie verkaufen müssen.
Sobald die Flugzeuge wieder in der Luft sind, werden die Anleger auch die Aktien von Airlines wieder kaufen.
Das sind sogenannte passive Fonds, auch ITFs genannt, die solchen Indizes folgen, sie also nachbilden. Und wenn sich die Zusammensetzung des Dax verändert, dann müssen die Fonds diese Veränderung nachvollziehen, ergo die Aktie verkaufen. Das gibt wieder Druck auf den Kurs. Der ist aber vorübergehend.
Wie geht es bei der Lufthansa weiter?
Der deutsche Staat hat ein Rettungspaket geschnürt. Die Lufthansa erhält neun Milliarden Euro, der deutsche Staat 20 Prozent der Lufthansa Aktien. Falls die Lufthansa Aktionäre am 25. Juni Ja zu diesem Rettungspaket sagen, wird die Lufthansa sicher überleben.
Man fährt ja den Flugbetrieb wieder hoch. Bis September will die Lufthansa zwischen 75 und 90 Prozent aller Ziele wieder anfliegen. Und sobald die Flugzeuge wieder in der Luft sind, werden die Anleger auch die Aktien von Airlines wieder kaufen. Das sieht man auch in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA.
Was aus Schweizer Perspektive noch interessiert: Hat diese Entwicklung in Deutschland Konsequenzen für die Swiss?
Das Rausfliegen aus dem Dax hat nicht direkt Einfluss auf die Swiss. Aber die Swiss ist quasi ein Teil der Lufthansa-Aktie. Insofern trifft alles, was die Lufthansa trifft, auch die Swiss.
Das Gespräch führte Christina Röthlisberger.