Das grösste Risiko schlummert an den globalen Finanzmärkten. Das sagt Mark Branson, der Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Denn dort könnte wieder eine Art Panik ausbrechen, wie das bereits im letzten Frühling der Fall war. «Wenn alle Anleger schnell Sicherheit wollen, wollen sie vor allem US-Dollar. Das kann zu Liquiditätsengpässen führen.»
Der Überblick über die aktuell bedeutendsten Risiken:
Das heisst, dass Banken plötzlich zu wenig flüssige Geldmittel zur Hand haben könnten, wenn ihnen verängstigte Kunden die Türe einrennen. Im Frühling musste die amerikanische Notenbank dem Finanzplatz zu Hilfe eilen und die Geldhäuser grosszügig mit den begehrten US-Dollar versorgen.
Daraufhin legte sich die Panik. Doch sie kann jederzeit zurückkehren und zu neuen Engpässen führen.
Kreditausfälle bei ausländischen Kunden
Weiteres Ungemach für die Banken droht von Unternehmen, die besonders hart unter den Folgen der Pandemie leiden: Gastrobetriebe, Fluggesellschaften, aber auch Energieunternehmen.
Viele können unter Umständen schon bald die Bankkredite nicht mehr bedienen, geschweige denn zurückzahlen. Solche Kreditausfälle erwartet der oberste Bankenaufseher eher bei ausländischen Firmenkunden als bei inländischen. Denn: «Bis jetzt wurde dieser wirtschaftliche Abschwung in der Schweiz gut abgefedert durch die staatlichen Unterstützungsmassnahmen.»
Diese seien sehr effizient umgesetzt worden, findet Branson. «Das war nicht in allen ausländischen Märkten so.» Für Banken mit Firmenkunden im In- und Ausland bedeutet das, dass ihnen hohe Verluste drohen. Er ist aber zuversichtlich, dass die Schweizer Banken gerüstet sind, um solche Turbulenzen aufzufangen.
Die verschiedenen Liquiditäts- und Kapitalpolster seien momentan gross genug – selbst wenn die Banken jetzt wieder Dividenden ausschütten und eigene Aktien zurückkaufen, um ihre Aktionäre zu verwöhnen.
Gefahr von Cyberangriffen ist gestiegen
Die Pandemie birgt noch weitere Gefahren für den Finanzplatz: Sie hat offenbar kriminelle Hacker auf den Plan gerufen. Als im Frühling während des Shutdowns zahlreiche Unternehmen ganze Belegschaften ins Homeoffice verfrachteten, nahmen laut Branson kurz darauf die Cyberangriffe deutlich zu. Das zeigen die Meldungen beim Nationalen Zentrum für Cybersicherheit. «Wir haben stärkere und mehr Attacken. Da ist ein operationelles Risiko, das uns nach wie vor Sorgen macht», sagt Branson.
Die Banken sehen sich nun also plötzlich mit mehr und intensiveren Cyberattacken konfrontiert und müssen sich mit Erpressungen und damit verbundenen Bitcoin-Forderungen auseinandersetzen. Seit sich grosse Teile ihrer Belegschaft von zuhause aus ins Firmensystem einloggt, sind sie verwundbarer geworden. Ob Börsenturbulenzen, Kreditausfälle oder Cyberangriffe: Der Finanzplatz Schweiz ist zwar robust, aber er ist ziemlich gefordert.