Die Schweiz ist, was Frauen in Führungspositionen angeht, immer noch eines der Schlusslichter in Europa. Zum aktuellen Tag der Anwältinnen hat die Universität St. Gallen festgestellt, dass der Frauenanteil in der Partnerschaft grosser Schweizer Anwaltskanzleien nur 13.6 Prozent beträgt – und das, obwohl zwei Drittel der Jus-Studierenden Frauen sind.
Wie sieht es mit dem Frauenanteil in den Schweizer Chefetagen insgesamt und dem in anderen Branchen im Speziellen aus? Nicht unbedingt besser, wie Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) und eine ebenfalls an der Universität St. Gallen erstellte Studie aus dem vergangenen Jahr zeigen.
Frauen sind dem BFS zufolge deutlich häufiger Arbeitnehmende ohne leitende Funktion. Männer sind viel öfter als Frauen Arbeitnehmende in Unternehmensleitungen oder mit leitender Funktion. Diese Unterschiede bleiben auch bei gleichem Bildungsstand von Frauen und Männern bestehen, betont das BFS.
Führungspositionen nach Branche
Laut der Studie der Universität St. Gallen liegt der Prozentanteil der Frauen im oberen und obersten Kader in der Bankenbranche, in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM), in der Versicherungsbranche und beim Consulting mit 12 bis 17 Prozent auf ähnlich niedrigem Niveau wie in den eingangs erwähnten Chefetagen der grossen Anwaltskanzleien.
Etwas besser sind die Medien- und Pharmabranche sowie die öffentlichen Verwaltungen aufgestellt. Hier machen Frauen in den oberen Etagen immerhin über 20 Prozent aus.
Allerdings relativieren sich diese Unterschiede zum Teil, wenn man berücksichtigt, wie viele Frauen überhaupt in der jeweiligen Branche vertreten sind bzw. aus den unteren in die mittleren und oberen Kader aufsteigen könnten. Vergleichsweise gut steht hier die MEM-Branche dar, unterscheidet sich der Frauenanteil in den mittleren und oberen Kadern mit 16 Prozent doch kaum vom Anteil in den unteren Kadern (19 Prozent).
Zudem hat die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie mit einem Gesamtfrauenanteil von 24 Prozent ohnehin nur wenige weibliche Beschäftigte. Mit 28 Prozent Frauen im Nicht-Kader sei der weibliche Talentpool in der MEM-Branche deutlich geringer als in anderen Branchen, betonen die Autorinnen und Autoren der Studie. Der Anteil von 15 Prozent Frauen in den oberen Kadern sei jedoch nur unwesentlich kleiner als in den meisten anderen Branchen. Das bedeute, dass die MEM-Unternehmen trotz des tiefen Frauenanteils die Geschlechtervielfalt in Führungspositionen relativ gut fördern.
Im Gegensatz dazu werden Frauen in der Bankbranche etwa deutlich weniger gefördert. Wie in der MEM-Branche sind in den mittleren und oberen Kadern 16 Prozent weibliche Beschäftigte vertreten. In den unteren Kaderstufen ist der Frauenanteil mit 31 Prozent aber viel höher. Das zeige, so heisst es in der Studie, dass die weibliche Talent-Pipeline in der Bankbranche deutlich weniger genutzt wird.