Galenica ist vor allem für ihre führende Stellung im Apothekenmarkt bekannt, aber auch im Medikamentenhandel gehört sie zu den Spitzenreitern. Marc Werner steht seit vier Jahren an der Konzernspitze des Berner Gesundheitsunternehmens.
SRF News: Galenica kauft nicht nur Medikamente ein und liefert sie an ihre Apotheken, sondern sie hat auch eigene Medikamentenmarken wie Vita-Merfen oder Algifor. Ist die Herstellung von Arzneimitteln heute noch rentabel?
Marc Werner: Wir lassen die Medikamente hauptsächlich herstellen. Wir sind selbst kein Pharmaunternehmen und betreiben auch keine Forschung. Wir haben die Lizenzen für die Produkte und lassen sie von externen Herstellern produzieren, auch in Zusammenarbeit mit Schweizer Firmen. Das ist ein wichtiges Standbein für Galenica und durchaus profitabel.
Für viele Medikamente bezahlt man nicht mehr als für einen Kaugummi.
Aber Medikamente, die einen hohen Absatz haben, sind oft billig und die Produktion wird nach Asien ausgelagert.
Ja, Grundstoffe wie Paracetamol oder Ibuprofen kommen meist aus Asien, was auch mit dem Medikamentenmangel in Verbindung gebracht werden kann. Denn tragischerweise fehlen vor allem billige Medikamente, weil es sich nicht mehr lohnt, sie herzustellen. Die Preise sind so niedrig, dass man für viele Medikamente nicht mehr bezahlt als für einen Kaugummi am Kiosk. Das macht die Herstellung für die gesamte Industrie unattraktiv. Es gibt also genau noch eine Firma in China, die diese Grundstoffe produziert. Wenn diese Firma ein Problem hat und den Wirkstoff nicht liefern kann, dann gibt es dieses Medikament morgen in der Schweiz nicht mehr. Das ist ein Risiko. Die Behörden müssen sich bewusst sein, dass die Produktion für die Industrie uninteressant wird, wenn die Preise zu stark gedrückt werden.
Wie würden Sie den Medikamentenmangel beschreiben?
Dies ist sowohl für die Fachpersonen als auch für die Patienten eine unangenehme Situation. Zurzeit sind in der Schweiz etwa 800 bis 1000 Medikamente nicht verfügbar. Wir versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten unseren Beitrag zu leisten. Zum Beispiel bauen wir zusammen mit einem Partner ein grösseres Medikamentenlager auf, den sogenannten «Safety Stock».
Wir wollen nicht wieder in die Situation kommen, bestimmte Medikamente nicht mehr vorrätig zu haben.
Die Galenica hat ihre Lagerbestände an Medikamenten aufgestockt?
Ja, wir haben zum Beispiel zusammen mit der Generikafirma Sandoz ein Konzept erarbeitet, um einen grösseren Vorrat an Medikamenten zu haben. Vor allem für chronische Krankheiten. Wir wollen nicht wieder in die Situation kommen, dass wir bestimmte Medikamente nicht mehr vorrätig haben.
Hatten Sie Respekt davor, ein Exponent der steigenden Gesundheitskosten zu werden, als Sie vor vier Jahren von der Swisscom zu Galenica stiessen?
Bevor ich meinen Vertrag unterschrieb, fragte ich den Verwaltungsrat, ob es möglich sei, als CEO von Galenica einerseits die Bedürfnisse der Aktionäre zu befriedigen und andererseits einen Beitrag für die Gesellschaft in diesem Land zu leisten, in dem man gegen die steigenden Gesundheitskosten kämpft. Das war eine zentrale Frage für mich. Ich kann nicht in einem Unternehmen arbeiten, in dem ich dazu beitragen muss, dass die Gesundheitskosten immer weiter steigen. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden die Kosten nicht sinken, aber wir müssen das Wachstum in den Griff bekommen, und ich bin überzeugt, dass wir als Galenica dazu einen Beitrag leisten können. Sonst würde ich diesen Job nicht machen.
Aus dem Tagesgespräch mit Karoline Arn, Mitarbeit Géraldine Jäggi.