Swiss-Flug 1830. Kapitän Pim Buff und Co-Pilot Martin Knöpfel steuern eine Boeing 777 von Zürich nach Athen. Neu im Cockpit mit an Bord ist eine App, die Swiss als eine der ersten Airlines weltweit einsetzt. «Es ist ein Gamechanger», sagt Swiss-Captain Pim Buff.
«Wir haben jetzt Live-Wetterdaten zur Verfügung. Früher mussten wir vor allem mit Prognosen auf Karten arbeiten.» Auf dem Tablet-Computer angezeigt werden das aktuelle Wetter-Radar, Turbulenz-Vorhersagen, die mittels Algorithmen berechnet werden sowie Daten von Flugzeugen, welche Turbulenzen in Echtzeit messen.
Die Swiss und Edelweiss waren die ersten europäischen Airlines, deren Flugzeuge 2019 mit dem Algorithmus ausgerüstet wurden, der Turbulenzen in Echtzeit misst und an die Datenbank des internationalen Airline-Verbands IATA weiterleitet. Mittlerweile nutzen weltweit über 25 Airlines dieses System.
Clear-Air-Turbulenzen: Eine unsichtbare Gefahr
Wenn es im Flugzeug schüttelt, ist das meist nur unangenehm. Doch schwere Turbulenzen können auch Verletzungen verursachen. Besonders heimtückisch sind Clear-Air-Turbulenzen, die unerwartet auftreten und schwer vorhersehbar sind.
Auch im vergangenen Jahr kam es zu mehreren Vorfällen mit Verletzten, die mutmasslich auf Klarluft-Turbulenzen zurückzuführen sind. Im Juli 2024 etwa geriet ein Air-Europa-Flugzeug auf dem Weg von Madrid nach Montevideo in schwere Turbulenzen. Die Kabine wurde beschädigt und mehr als 30 Personen verletzt.
Klimawandel: Mehr Turbulenzen
Forschende der Universität Reading haben festgestellt, dass schwere Clear-Air-Turbulenzen über dem Nordatlantik von 1979 bis 2020 um 55 Prozent zugenommen haben. Der Grund für die Zunahme ist laut den Forschenden der Klimawandel.
Wir möchten ein Lasersystem einbauen, welches vorne aus dem Flugzeug herausstrahlt und dort in circa 200 Meter Entfernung die Windgeschwindigkeit vor Ort misst
Dieser sorge dafür, dass die Jetstreams stärker werden. Und die Jetstreams, also die Starkwinde, die auf rund 10'000 Metern Höhe um den Globus strömen, spielen bei der Entstehung von Klarluft-Turbulenzen eine grosse Rolle, erklärt Michael Sprenger von der ETH Zürich. «Im Umfeld der Jetstreams können sehr grosse Windscherungen, also Änderungen der Windgeschwindigkeit auf kleinstem Raum auftreten. Diese sind zentral, damit Turbulenzen auftreten können.»
Forschung zur Turbulenzerkennung
Turbulenzen besser erkennen – daran forscht auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Forscher Patrick Vrancken arbeitet an einem neuartigen Messgerät, das Turbulenzen automatisch erkennen soll. «Wir möchten ein Lasersystem einbauen, welches vorne aus dem Flugzeug herausstrahlt und dort in circa 200 Meter Entfernung die Windgeschwindigkeit vor Ort misst», erklärt Vrancken.
«Diese Informationen werden dann direkt an einen Flugregler weitergegeben, welcher das Flugzeug automatisch so ausrichtet, dass es weniger durchgeschüttelt wird.» Ein solches System würde aber erst in einer nächsten Generation von Flugzeugen eingebaut werden.
Sicherheit an Bord
Trotz aller Technik – turbulenzfrei fliegt kein Passagierflugzeug. Darum gelte immer: «Die Passagiere sollten sich immer anschnallen und lose Gegenstände verstauen», sagt Swiss-Kapitän Pim Buff.
Auch wenn Turbulenzen für Passagiere und Besatzung unangenehm und in schweren Fällen gefährlich sein können – für die Flugzeuge selbst sind sie keine Gefahr. Diese sind äusserst robust gebaut, dass sie selbst extremen Turbulenzen problemlos standhalten.