Natur pur: Beim Biss ins Honigbrötchen würde kaum jemand daran denken, dass ausser Bienen und Imkern irgendjemand seine Finger (respektive Beinchen) im Spiel gehabt hat. Doch weit gefehlt: Derzeit erschüttert ein Skandal um gepanschten Honig das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumentinnen.
Labortests in deutschen Supermärkten haben bereits im Oktober gezeigt, dass 80 Prozent der untersuchten Honige mit Zuckersirup gestreckt wurden. Nun wartet der ORF mit «alarmierenden Testergebnissen» in Österreich auf.
Eine aktuelle Arte-Dokumentation schildert, wie europäische Imkerinnen und Imker zunehmend um ihr Überleben kämpfen. Denn der in die EU importierte Honig aus Asien und Südamerika ist oft gepanscht – und dadurch deutlich günstiger als die heimische Produktion. Den Nachweis zu erbringen, dass «Fake-Honig» in den Gläsern steckt, ist aber schwierig.
Gegenüber dem ORF erklärt Sebastian Theissing-Matei von der Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass die Fälschungen inzwischen so gut geworden seien, dass sie die standardisierten Tests der EU bestehen können. Die neuartige Testmethode, die in Deutschland und Österreich zur Anwendung kam, deckt die Betrügereien nun aber verlässlicher auf.
Aber wie sieht es in der Schweiz aus? Streichen auch wir uns honiggetränkten Zuckersirup aufs Brot? Matthias Götti-Limacher, Geschäftsführer des Imkerverbands «Bienen Schweiz», ist «erschüttert» über die Berichte aus Deutschland und Österreich. «Für uns ist eine einwandfreie Qualität des Honigs und damit auch die Glaubwürdigkeit gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten ein hohes Gut.»
Er geht aber davon aus, dass der Honig, der in der Schweiz verkauft wird, nicht gepanscht ist. «Denn die Grossverteiler legen sehr viel Wert darauf, dass der Honig der geforderten Qualität entspricht.» Niemand im Schweizer Markt könne daran interessiert sein, dass es zu einem «Honigskandal» komme.
Die Akteure, die Honig fälschen, versuchen es mit immer neuen Tricks, damit bei den Analysen nichts gefunden wird. Das ist wie beim Doping im Sport.
So weit, so beruhigend. Laut Greenpeace-Vertreter Theissing-Matei lässt sich das globale Honiggeschäft aber nur schwer kontrollieren. «Honig wird von sehr grossen Händlern in sehr grossen Chargen gekauft und auch gemischt.» Er hält es mit Blick auf Österreich für «sehr plausibel», dass durch Importe gefälschter Honig in den Verkauf kommen kann.
Engmaschiges Kontrollnetz
«Ganz ausschliessen kann man nie, dass das auch bei uns passiert», sagt der Geschäftsführer des Schweizer Imkerverbands. «Die Akteure, die Honig fälschen, versuchen es mit immer neuen Tricks, damit bei den Analysen nichts gefunden wird. Das ist wie beim Doping im Sport.»
Laut Götti-Limacher gibt es neben den Stichproben der Detailhändler weitere Schranken, die es erschweren, dass gepanschter Honig auf den Markt kommt. Die hiesigen Importeure würden in der Regel langjährige Beziehungen zu den Produzenten im Ausland pflegen. «Dieses Vertrauen ist eine wichtige Basis.»
Laut dem Geschäftsführer des Imkerverbands tauschen sich Bund, Kantone, Labore und die Akteure im Honigmarkt regelmässig aus – auch darüber, welche neuen Methoden die Fälscher entwickelt haben. Wie dicht das Kontrollnetz ist, ist aber unklar.
Um sicherzugehen, rät Götti-Limacher: Im Geschäft auf das Goldsiegel der Schweizer Honig-Herstellung achten und bei importiertem Honig auf eine genaue Herkunftsbezeichnung. Und: «Je günstiger ein Produkt ist, umso eher stellt sich die Frage, ob wirklich alles korrekt ist.»