Sie ist die oberste Wettbewerbshüterin der Schweiz. Laura Baudenbacher ist Präsidentin der Wettbewerbskommission (Weko). In dieser Funktion hat sie kürzlich die Swisscom zu einer Millionenbusse verdonnert. Im Interview mit SRF beantwortet sie die wichtigsten Fragen dazu.
SRF News: Wieso haben Sie die Swisscom verurteilt?
Laura Baudenbacher: Die Swisscom hat damit begonnen, nur noch eine Glasfaserleitung zu den Haushalten zu verlegen anstatt vier. Hätte man dies zugelassen, wäre es für die nächsten 50 Jahre, also für mehrere Generationen, anderen Internetanbietern in dem Gebiet nicht mehr möglich gewesen, bessere Geschwindigkeiten zu einem niedrigeren Preis anzubieten.
Die Swisscom ist mit der Busse nicht einverstanden. Man prüfe einen Weiterzug des Entscheids ans Bundesverwaltungsgericht. Die Swisscom sagt, ihre Bauweise sei günstiger und gehe schneller. Hat uns die Weko einen Bärendienst erwiesen?
Uns sind diese Argumente bewusst. Aber wenn mehr Konkurrenz die Glasfasertechnologie anbieten kann, dann führt das auch zu tieferen Preisen und mehr Innovation. Mit unserem Entscheid haben wir sichergestellt, dass die Kosten weiter heruntergehen und dass die Angebote noch grösser werden, zum Vorteil von uns allen im Land.
Die Weko hat die Swisscom bereits 2020 gewarnt. Jetzt kommt es zu einer Busse. Die Warnung hat damals also nichts genützt. Ist die Weko eine zahnlose Behörde?
Wir haben 2020 das Verfahren eröffnet und sofort vorsorgliche Massnahmen erlassen. Die sind etwa ein Jahr später vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden und dann etwa ein knappes Jahr später auch vom Bundesgericht. Die Swisscom hat sich entschieden, in dieser Zeit weiterzubauen, und wir haben das dann natürlich berücksichtigt in unserem Urteil.
Die Swisscom verstösst gegen das Gesetz, insbesondere gegen das Kartellgesetz, und wird darum gebüsst.
Ihr Entscheid führt zwar zu mehr Wettbewerb, aber er führt gleichzeitig dazu, dass etwa 500’000 Internetanschlüsse nicht in Betrieb genommen werden können. Wegen des Urteils müssen Leitungen umgebaut werden. Das ist nicht konsumentenfreundlich.
Das ist eine unbefriedigende Situation, und wir sind uns dessen voll bewusst. Auf der anderen Seite muss man berücksichtigen, dass wir sofort eingegriffen haben, als wir von diesem Ausbau des Netzes erfahren haben. Hätten wir nichts unternommen, hätten wir de facto einen Gesetzesverstoss belohnt, indem wir einen rechtswidrigen Ausbau des Glasfasernetzes toleriert hätten. Die Swisscom verstösst gegen das Gesetz, insbesondere gegen das Kartellgesetz, und wird darum gebüsst.
Die grosse Marktmacht der Swisscom sorgt bei der Konkurrenz immer wieder für Ärger. Missbraucht die Swisscom ihre Macht oder sehen Sie einen Systemfehler in der Schweiz, bedingt durch die historische Dominanz der Swisscom als halbstaatlicher Telekommunikationsanbieter?
Ich denke, es ist normal, dass ehemalige Staatsbetriebe tendenziell stärker sind als andere Konkurrenten auf dem Markt. Im konkreten Fall müssen wir immer prüfen, wie sich das Unternehmen verhält. In diesem Fall sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die Swisscom durch den Bau einer Glasfaserinfrastruktur eine marktbeherrschende Stellung innehat und diese Position auch missbraucht hat.
Das Gespräch führte David Karasek.