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Erinnert an einen Börsianer: der Arbeitsplatz von Chip-Händler Andreas Morf
Aus Digital vom 21.04.2022. Bild: zvg
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Globale Lieferkrise Chip-Händler: Die Suche nach Mikrochips ist oft zum Verzweifeln

Seit vielen Monaten sorgt die Mikrochip-Krise für rote Köpfe und schlaflose Nächte in vielen Schweizer Unternehmen. Unabhängige Chip-Händler sind gefragt wie nie zuvor, weil sie es immer wieder schaffen, ihre Kunden trotz aller Widrigkeiten mit den begehrten Bauteilen zu versorgen.

Andreas Morf arbeitet seit rund 30 Jahren als sogenannter «Independent Broker». Das heisst: Er hat keinen Vertrag mit einem Chip-Hersteller, sondern bezieht die Bauteile über andere Wege, in der Regel direkt von Händlern aus Asien. Der Umsatz seiner Firma mit drei Angestellten hat sich aktuell etwa verdoppelt.

Ort für sein brummendes Geschäft ist ein Büro im zürcherischen Zollikerberg. Hier arbeitet Andreas Morf an einem grossen Schreibtisch, auf dem drei riesige Monitore stehen.

Die Szene erinnert an den Arbeitsplatz eines Bankers, der an der Börse in hoher Geschwindigkeit Aktien kauft und verkauft. Geschwindigkeit sei auch im Chip-Geschäft ein Wettbewerbsvorteil, erläutert Andreas Morf. Im Normalfall müsse man innerhalb eines Tages ein Angebot machen. Wenn man das verpasse, habe der Kunde die benötigten Chips bei einem Mitbewerber bestellt – «wenn der die Ware irgendwo gekriegt hat». Was seit Monaten nicht ganz einfach ist.

Viele Schwarze Schafe

Andreas Morf demonstriert, wie er dennoch rare Chips einkaufen kann. Er benutzt spezialisierte, kostenpflichtige Suchmaschinen, in denen Grosshändler ihre Ware anbieten. Aktuell benötigt einer seiner Kunden dringend 180'000 Stück eines Chips. Er gibt die kryptische Modellnummer des Bauteiles ein. Eine endlos lange Trefferliste erscheint auf dem Monitor. Dank seiner Jahrzehnte langen Erfahrung kann er die unseriösen Anbieter schnell erkennen.

Eine Liste von Treffern für einen speziellen Chip.
Legende: Andreas Morf nutzt spezielle Suchmaschinen, um für seine Kunden an die begehrten Chips zu gelangen. zvg

In Acht nehmen müsse man sich vor Händlern mit fiktivem Lager oder vor Fälschern: Chips, die Leistungsmerkmale versprechen, die sie nicht einhalten, sind an der Tagesordnung.

Um sie zu entdecken, arbeitet Andreas Morf vor Ort in Asien mit einem Labor zusammen, bei dem er verdächtige Ware auf Herz und Nieren prüfen lassen kann, bevor er dem Händler Summen überweist, die im sechsstelligen Bereich liegen können.

Andreas Morf an einem runden Tisch, nebendran der Chef einer Chip-Handlungs-Firma, links und rechts Assistentinnen.
Legende: Andreas Morf in China: Regelmässige Kontakte zu den Händlern vor Ort sind wichtig für eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung. zvg

Die Preise seien nach dem chinesischen Neujahr nochmals in die Höhe geschnellt. Die weitere Verknappung habe dazu geführt, dass Lieferanten teils nach Vertragsabschluss die Preise nochmals erhöhten. Ein Wort zähle derzeit leider nicht viel, aber man müsse diese unsaubere Geschäftspraxis akzeptieren, weil der Kunde nicht mehr König sei.

Ehrliche Kommunikation in einem undurchsichtigen Geschäft

Andreas Morf bedauert das. Es sei eine sehr unangenehme Situation, weil auch er bei seinen langjährigen Kunden in Verdacht geraten könne, kurzfristig Preise zu erhöhen, um schnelles Geld zu machen. Das könne er sich aber nicht leisten, weil es seine in Jahrzehnten aufgebaute Geschäftsbasis zerstören würde, die auf direkten Kontakten basiert, mit offener Kommunikation.

Er kennt alle seine Kunden persönlich und trifft sie regelmässig. Nicht seine Firma sei wichtig, sondern er als Person, die auch «geradestehen könne» für das Ganze. So erhält ein ziemlich undurchsichtiges, globales, anonymes Business, durch Händler wie Andreas Morf ein regionales Gesicht. Das wissen die hiesigen Einkäuferinnen und Einkäufer offenbar zu schätzen.

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In unserem Digital Podcast hören Sie ein längeres Gespräch mit dem Chip-Händler Andreas Morf.

Jenem, der 180'000 Chips benötigt, schreibt Andreas Morf ein E-Mail – er ist in der spezialisierten Suchmaschine nämlich fündig geworden. Dann geht alles sehr schnell. In der Regel bestätigt der Einkäufer die Bestellung innert Stunden und Andreas Morf bestellt die Ware sofort, ohne mit dem Händler in Asien nachzuverhandeln, wie es zu «normalen Zeiten» noch üblich war. Das Risiko sei zu gross, dass ein anderer ihm und seinem Kunden die begehrte Ware vor der Nase wegschnappe, so Morf.

Die Welt der Elektronik-Chips steht derzeit eben wirklich Kopf.

SRF 4 News, 21.04.2022, 14:43 Uhr

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