In den Produktionsräumen der Firma Iftest in Wettingen (AG) fügen Maschinen elektronische Bauteile zu Leiterplatten zusammen. Im gleichen Raum sitzen Mitarbeitende in weissen Kitteln konzentriert an Tischen und löten von Hand kleinste Bauteile auf Computerplatinen. Ganz so produktiv, wie das auf den ersten Blick aussieht, arbeitet die Firma aktuell aber nicht.
Der Anschein trüge, dass Iftest hier gerade auf Hochtouren produziert, sagt Verkaufsleiter und Geschäftsleitungsmitglied Peter Himsolt während eines Rundgangs durch die Produktionsräume: «Wir sind nicht mehr in der Lage, alle Produkte für unsere Kunden herzustellen.» Zentrale Bauteile würden ständig fehlen: die Mikrochips aus Asien.
Computerchips und andere elektronische Bauteile sind schon länger global knapp. Bereits vor der Pandemie übertraf die stetig steigende Nachfrage nach den wichtigen Teilen, die in Autos, Computern und Smartphones, aber auch in Waschmaschinen, Geschirrspülern oder Stereoanlagen verbaut sind, immer wieder das Angebot. Doch die Coronapandemie hat das Problem stark verschärft. Die Gründe dafür sind vielfältig, genau wie die Folgen.
Wir bezahlen für einen Chip, der vor einem Jahr 10 Dollar gekostet hat, heute 2700 Dollar.
Neben Lieferverzögerungen sind vor allem die höheren Beschaffungskosten eine Folge des Mangels, erklärt Iftest Verkaufsleiter Himsolt gegenüber SRF. Einige Komponenten kosteten ein hundert- oder gar tausendfaches des früheren Preises: «In einem konkreten Fall bezahlen wir für einen Chip, der vor einem Jahr 10 Dollar gekostet hat, heute 2700 Dollar.»
Zwischenhändler verdienen sich eine goldene Nase
Mit diesem Problem ist die Wettinger Firma Iftest nicht alleine. Stark betroffen von der Mangellage bei Mikrochips sind insbesondere die Automobilindustrie und auch Industriegiganten wie ABB spüren die Auswirkungen. Dies hängt unter anderem mit der Rolle spezieller Mittelsmänner im Chiphandel zusammen.
Wenn Firmen heute elektronische Komponenten für die Weiterverarbeitung bestellen möchten, kommen sie kaum um sogenannte Broker herum. Diese kaufen Bauteile direkt bei Produzenten, zu nach wie vor vergleichsweise günstigen Preisen. Dann verkaufen sie die Teile mit teils erheblichen Preisaufschlägen weiter. Dabei könnten die Broker sich eine goldene Nase verdienen, sagen verschiedene von SRF angefragte Firmen aus der Elektronikbranche.
Das Geschäftsmodell funktioniere, weil die Nachfrage immer vorhanden sei, erklärt Peter Himsolt: «In einem Fall hat uns ein Broker übers Wochenende 48 Stunden Zeit gegeben für eine Bestellung und den Preis danach gleich nochmal um 5 Prozent erhöht.»
Diese Situation führe auch zu viel Unsicherheit und Planungsproblemen. Wenn Broker Teile kurzfristig doch an eine andere Firma verkaufen, die einen höheren Preis bezahlt, dann fehlt bei Iftest ein eigentlich eingeplantes Teil für die Weiterverarbeitung. So müsse man die Produktion fast von Tag zu Tag neu planen, eine Herausforderung für Kundinnen und Kunden, für die Arbeitsprozesse und auch für die Angestellten.
Höhepunkt der Chipkrise wohl noch nicht erreicht
Sorgen bereitet Peter Himsolt, dass die Knappheit sich allenfalls noch weiter verschärfen könnte. Der Höhepunkt der Krise sei wohl noch nicht erreicht, vermutet er. Die Lage in der Elektronikverarbeitung dürfte also herausfordernd bleiben.
Dies sei umso bedauerlicher, weil die Auftragslage eigentlich sehr gut wäre. «Unsere Auftragsbücher sind so voll wie nie», sagt der Iftest Verkaufsleiter. Leider wisse man aber nie genau, was man am Ende auch wirklich ausliefern könne.