Riesige Stahlskelette liegen auf dem Strand von Alang in Nordindien. Hier wird alles abgewrackt – vom Containerschiff über den Öltanker bis zur Ölplattform. Das Geschäft ist hochgiftig und brandgefährlich: Immer wieder kommen Arbeiter um, die Natur hier ist nachhaltig geschädigt.
Und auch Schiffe der Schweizer Reederei MSC (Mediterranean Shipping Company) landen in Alang. MSC – die Reederei mit Sitz in Genf ist das zweitgrösste Containerschifffahrtsunternehmen der Welt – bestreitet das nicht grundsätzlich, schreibt aber: «MSC verpflichtet sich zu einer nachhaltigen und sozialverträglichen Rezyklierung von Schiffen», und man halte sich an die Prinzipien der Hong-Kong-Konvention.
Diese Konvention ist höchst umstritten, weil sie das so genannte «beaching» erlaubt: die Zerlegung der Schiffe direkt auf dem Strand. Auch deshalb verbietet die EU seit Anfang Jahr die Zerlegung von Schiffen, welche unter ihrer Flagge fahren, an den Stränden Südasiens.
Schweizer Reederei entsorgt mehr als Konkurrenten
«MSC hat in den letzten 10 Jahren mehr als 80 giftige Schiffe an Südasiens Stränden entsorgt», sagt Nicola Mulinaris von der NGO Shipbreaking Platform. «Das ist deutlich mehr als jede andere vergleichbar grosse Reederei.» MSC lässt diese Zahlen unkommentiert. Die Genfer Reederei weist aber darauf hin, dass sich die Bedingungen in den Werften in den letzten Jahren verbessert hätten.
Kaum Verbesserungen gibt es allerdings an den Stränden von Chittagong, Bangladesch. Auch hier werden Schiffe zerlegt, meist unter deutlich schlechteren Bedingungen als in Indien. Der Strand, ein ehemaliger Mangrovensumpf, ist nachhaltig vergiftet.
Verkauf für über drei Millionen Dollar
Im Mai tauchen auf Facebook Bilder des ehemaligen MSC-Schiffs «MSC Ronit» auf. Sie zeigen die «RON», wie das Schiff nun getauft ist, an eben diesem Strand. Die MSC-Bemalung auf dem Bug ist noch deutlich sichtbar.
Doch MSC bestreitet, das Schiff hierher zur Verschrottung geschickt zu haben. Man solle den Eigner kontaktieren, wolle man mehr zum Status des Schiffs erfahren, teilt die Firma mit.
Der Eigner ist eine Firma namens «Green Ocean Shipping», ihr Geschäftsmodell: Schiffe verschrotten zu lassen. Eine Tochterfirma von MSC hatte das Schiff kurz vorher an einen Unbekannten verkauft, dieser verkaufte es weiter: Für etwas über 3 Millionen Dollar. Die Schiffe sind wegen des vielen Altmetalls bares Geld wert.
Eigner wollen ihre Absicht verschleiern
Das sei das altbekannte Muster, sagt Nicola Mulinaris: «So genannte Cash Buyer lassen die Schiffe neu beflaggen und registrieren sie in Ländern, die bekannt dafür sind, internationales Seerecht nur mangelhaft durchzusetzen.»
So könne das internationale Recht umgangen und Steuern gespart werden. Und am wichtigsten: «So können die Reeder die Herkunft der Schiffe verschleiern.»
MSC würde jeden Käufer eines MSC Schiffs auf eine schwarze Liste setzen, würde sich dieser nicht an die hohen Standards der Firma und die Vereinbarungen in Kaufverträgen im Zusammenhang mit Schiffsrecycling halten.
Einen detaillierten Fragekatalog zu den Vorgängen rund um das Schiff lässt MSC unbeantwortet. MSC schreibt lediglich: «MSC würde jeden Käufer eines MSC Schiffs auf eine schwarze Liste setzen, würde sich dieser nicht an die hohen Standards der Firma und die Vereinbarungen in Kaufverträgen im Zusammenhang mit Schiffsrecycling halten.» Ob wegen der «MSC Ronit» jemand auf der schwarzen Liste gelandet ist? Kein Kommentar.