Mitten in der Wüste, eine halbe Stunde südlich der Millionenstadt Dubai, liegt der Mohammed Bin Rashid Al Maktoum Solarpark, einer der grössten seiner Art. Auf über 100 Quadratkilometern glitzern hier kilometerlange Reihen von Solarpanels in der Sonne.
Bis in wenigen Jahren wird die Anlage rund 15 Terrawattstunden sauberen Strom pro Jahr produzieren. Sie könnte dann rund einen Achtel des Stromverbrauchs der Vereinigten Arabischen Emirate abdecken.
Doch nicht der gesamte Strom hier soll ins Netz fliessen. Am Rande des grossen Solarparks läuft seit zwei Jahren eine Produktionsanlage für grünen Wasserstoff. Die erste in der ganzen Region, sagt Hisham Ismail, der leitende Manager, stolz.
Aus einem Vorraum blicken wir durch eine Scheibe auf das Herz der Anlage, den sogenannten «Elektrolyseur», ein für den Laien undurchschaubares Geflecht von Rohren, Ventilen und kleinen Displays. Hier wird entsalztes und gereinigtes Meerwasser mit Strom aus der Solaranlage in Sauer- und Wasserstoff aufgetrennt.
Der Sauerstoff wird in die Umgebung abgelassen, der Wasserstoff landet in einem grossen, langgezogenen Tank draussen vor dem Gebäude. Dort erläutert der Chef der Anlage, dass der Wasserstoff während den letzten zwei Jahre zur Stromproduktion verwendet worden sei.
Riesiger Energieverlust bei Re-Elektrifizierung
Sprich: In einer weiteren Anlage im hinteren Teil des Geländes wurde der Wasserstoff jeweils in der Nacht, wenn die Solarpanels keinen Strom liefern, re-elektrifiziert. Bei diesem Speicherprozess gehe unter dem Strich mehr als die Hälfte der Energie verloren, räumt Hisham Ismail ein: Dies sei aber eine Testanlage. Künftig werde sich die Effizienz deutlich verbessern lassen.
Bald soll die Anlage auch vergrössert werden. Heute werden hier rund 70 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr produziert. Bis 2030 soll es laut der Strategie der Vereinigten Arabischen Emirate eine Million Tonnen sein.
Mit Wasserstoff passiert derzeit etwas Dramatisches – wie bei den erneuerbaren Energien vor zehn Jahren.
Grüner Wasserstoff fristet heute noch ein Nischendasein in den Golfstaaten. Doch das werde sich bald ändern, ist Franceso La Camera, der Direktor der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA), überzeugt: Mit Wasserstoff passiere derzeit etwas Dramatisches: «Es ist wie bei den erneuerbaren Energien: Vor zehn Jahren hielt man sie noch für unpraktisch und teuer – heute produzieren Sonne und Wind den Strom am günstigsten.»
Die Länder der Golfregion wollen sich einen Platz im neuen Markt sichern. Sie haben beste Voraussetzungen.
Dasselbe passiere gerade mit dem grünen Wasserstoff. Es sei sinnvoll, schon heute – wie hier in Dubai – aus Sonnenstrom Wasserstoff zu produzieren, so La Camera: Die Länder der Golfregion wollten sich einen Platz in diesem neu entstehenden Markt sichern: «Sie haben beste Voraussetzungen: Die Technologie, die Logistik mit Leitungen und Häfen für den Export und das Wüstenland für riesige Solarfarmen.»
Vor allem aber hat die Golfregion viel Sonnenschein. Doch kann grüner Wasserstoff Öl und Gas dereinst auch wirtschaftlich ersetzen? La Camera differenziert: nicht Wasserstoff allein. Aber in Kombination mit erneuerbarem Strom werde grüner Wasserstoff im Energiesystem künftig eine wichtige Rolle spielen und lukrativ sein.