«Einmal schlafen und schon am Ziel»: So beschreibt die SBB auf ihrer Homepage eine Reise mit dem Nachtzug. Mit den Nightjets in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) oder den Euronight-Zügen weiterer Partnerbahnen sollen Passagiere ein «klimafreundliches Abenteuer» erleben.
Das Angebot ist bei Kundinnen und Kunden gefragt. «Die Nachtzüge sind Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden», sagt SBB-Mediensprecher Reto Schärli gegenüber SRF. «Die SBB hatte im internationalen Personenverkehr im ersten Halbjahr 20 Prozent mehr Reisende als vor Corona.» Das sei sehr erfreulich.
Defekte Wagen und Toiletten
Doch die Qualität der Nachtzüge habe abgenommen, sagt Noam Schaulin. Er ist Mitglied des Zentralvorstands Pro Bahn Schweiz. «Man hört öfters über Defekte an den Wagen, nicht funktionierende WCs», so Schaulin. Auch er selbst erlebte bereits eine böse Überraschung. «Ich habe einen Schlafwagen gebucht von Basel nach Prag. Um 5:45 Uhr musste ich in Leipzig aussteigen und auf einen Sitzwagen wechseln, ohne Erklärung.»
«Die Qualität stellt uns momentan auch nicht zufrieden», sagt auch Reto Schärli. Weil die bestellten Schlaf- und Liegewagen verspätet kämen, führe das aktuell zu Problemen. Die SBB arbeite mit ihren Partnern daran, die Qualität der Nachtzüge schnellstmöglich zu verbessern.
Pro Bahn fordert Ausbau der Strecken
Neben einer Qualitätszunahme fordert Pro Bahn eine Vereinfachung des Buchungssystems. «Es kann nicht sein, dass man sein Ticket nicht rechtzeitig kaufen kann und nicht planen kann, weil die Züge nicht freigeschaltet sind», sagt Schaulin. Ausserdem fordert er einen Ausbau der Strecken, insbesondere nach Rom und Barcelona.
Aus Sicht der SBB braucht es für einen Streckenausbau aber finanzielle Mittel. Die Annahme des CO₂-Gesetzes hätte eine Förderung des grenzüberschreitenden Zugverkehrs mithilfe eines Klimafonds vorgesehen. Dieses wurde jedoch im Sommer 2021 abgelehnt.
Reto Schärli weist zudem darauf hin, dass der Nachtzug-Verkehr nicht rentabel ist. «Sie stehen nach der Ankunft einen Tag auf dem Abstellfeld und kommen erst am Abend wieder zum Einsatz. Das sorgt insgesamt für höhere Kosten.» Deshalb sei ein weiterer Ausbau nur mit Unterstützung aus der öffentlichen Hand möglich.
Weniger buchbare Plätze für Herbstferien
In Hinblick auf die kommenden Herbstferien müssen Passagiere mit weniger Plätzen rechnen, so Schärli weiter. Durch die Verzögerung der bestellten Wagen seien ältere Wagen länger in Betrieb, an denen es jedoch aufgrund von Lieferverzögerungen Probleme in der Revision gebe. Das führe teilweise zu kurzfristigen Ausfällen.
«Für die Herbstferien haben wir insofern so darauf reagiert, dass wir nicht ganz alle buchbaren Plätze verkaufen, damit wir flexibel sind, wenn wieder kurzfristig Wagen ausfallen», erklärte Schärli. So sollen Kundinnen und Kunden keine böse Überraschung erleben.