Viele herkömmliche Schweizer Energieversorger haben in den letzten Jahren ein zweites Standbein aufgebaut: Sie produzieren und verkaufen nicht mehr bloss Elektrizität, sondern sie bieten auch Dienstleistungen rund um den Strom an.
Dazu gehören etwa der Bau von Fotovoltaik-Anlagen oder Software zur intelligenten Steuerung des Stromverbrauchs in einem Gebäude.
Interesse der Kundinnen und Kunden steigt
Auf der Strom-Verkaufsseite würden die stark steigenden Strompreise teilweise zum Problem, sagt Markus Eberhard, Vertriebsleiter den Bernischen Kraftwerke AG (BKW). Gleichzeitig stellt er fest, dass das Thema Energie viel emotionaler geworden sei und vermehrt ins Bewusstsein der Leute komme.
«Sie wollen wissen, woher die Energie kommt und was man tun kann, um effizienter zu werden. Das ist für uns eine grosse Chance», so Eberhard.
Die Leute wollen wissen, woher die Energie kommt und was man tun kann, um effizienter zu werden.
Auch das ETH-Spin-Off Exnaton, benannt nach dem gleichnamigen ägyptischen Pharao, dem die Sonne wichtiger war als die Götter, bietet eine Lösung im immer komplexer werdenden Energiemarkt an: eine Abrechnungssoftware.
Diese ermöglicht es, dass mehrere Nachbarn oder ganze Quartiere Energiegemeinschaften bilden und den Strom aus mehreren Fotovoltaikanlagen gemeinsam nutzen.
Alternativen werden interessanter
Co-Gründerin, Liliane Ableitner würde nicht sagen, dass sie sich über die steigenden Strompreise freut, aber: «Je höher der Preis, umso mehr Haushalte werden sich für Fotovoltaikanlagen interessieren.»
Die Politik ist gefordert.
In Deutschland etwa, wo die höheren Strompreise bereits angekommen sind, sei die Nachfrage nach Fotovoltaikanlagen und Wärmepumpen explodiert. Auch in Österreich hat Exnaton bereits deutlich mehr zu tun als in der Schweiz, weil die erwähnten Energiegemeinschaften einfacher möglich sind als hierzulande.
Politik muss Rahmenbedingungen anpassen
Die Regeln auf einem Strommarkt seien mindestens ebenso wichtig wie der Strompreis, betont auch Christine Marchand. Sie ist verantwortlich für Innovations- und Unternehmertum an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. Sie sagt deshalb: «Die Politik ist gefordert» – und müsse bessere Rahmenbedingungen schaffen.
Die Politik müsste – und da sind sich die Befragten einig – die Rahmenbedingungen an die neue komplexere Energielandschaft anpassen. Die Wissenschaft zeige zum Beispiel klar, dass die Strompreise dynamisch sein müssten, also dann teuer, wenn der Strom knapp ist und umgekehrt.
Billiger Tagesstrom, teurer Nachtstrom
So müsse dereinst, wenn viel Strom mit der Sonne erzeugt werde, der Preis eher in der Nacht hoch sein und am Tag tief, sagt Christian Schaffner, Direktor des EnergyScienceCenters der ETH Zürich. «Es gibt auch andere Effekte wie Engpässe im Stromnetz – siehe Elektromobilität. Deshalb sollten die Tarife dynamisch sein, preislich angepasst an Angebot und Nachfrage», so Schaffner.
Die Stromtarife sollten dynamisch sein, preislich angepasst an Angebot und Nachfrage.
Flexiblere politische Rahmenbedingungen und neue, intelligente Software-Lösung: Beides ist wohl zentral für das Gelingen der Energiewende – und beides scheint durch die steigenden Strompreise Auftrieb zu erhalten.