Es sind gute Zeiten in den USA, sagt Holcim-Managerin Jamie Gentoso. Der Zement- und Dachhersteller investiert kräftig, kauft verschiedene Werkstätten wie jene für Gebäudeisolationen in Connecticut. Dieses Jahr sollen die Geschäfte in den USA 40 Prozent des gesamten Umsatzes ausmachen – vor vier Jahren war es noch rund ein Viertel.
«Die Nachfrage in den USA ist allgemein sehr hoch. Aber auch mit dem neuen Klimaförderpaket sehen wir grosse Chancen», sagt Gentoso. «Es ist der offensivste Schritt des Landes, um das Klima zu beeinflussen. Das Gesetz hält viel Geld bereit, um Investitionen anzukurbeln in grünere Produkte.»
Präsident Joe Biden und der Kongress haben zwei Gesetzespakete verabschiedet mit Fördermassnahmen im Umfang von insgesamt gigantischen eineinhalb Tausend Milliarden Dollar. Das Ziel: Die oft überalterte Infrastruktur im Land auf Vordermann bringen, und klimafreundliche Technologien fördern.
Davon wollen derzeit immer mehr Schweizer Firmen profitieren, sagt der Leiter der Schweizer Exportförderungsorganisation «Business Hub» in New York, Artur Czerniejewski. Es herrsche ein regelrechter Boom von Unternehmen, die in den USA tätig werden wollen. «Die Vorteile sind der riesige Markt, der riesige Bedarf an Investitionen im Infrastrukturbereich, aber auch in den Technologien für saubere Energie, wo die Schweiz eine grosse Erfahrung hat.»
Auch bereits in den USA stark verankerte Firmen wie die ABB profitieren. ABB produziert etwa Ladeteile für Elektroautos. Oder die Firma Burckhardt Compression, die zum Beispiel in Texas Kompressoren für Wasserstoff-Technologien produziert. Sie hat ihren Umsatz in den USA zuletzt um 40 Prozent gesteigert.
Verliert Europa deswegen Arbeitsplätze?
Doch aus Europa kommt Kritik: Die US-Industriepolitik mit ihren Subventionen gehe auf Kosten der europäischen Wirtschaft, beschweren sich der französische Präsident Macron oder der deutsche Bundeskanzler Scholz.
Für Martin Naville, Direktor der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, ist die Kritik verfehlt. Die Investitionen und Exporte in die USA steigen seit Jahren. Für die Schweizer Wirtschaft und Firmen sei dieser Investitionsboom nicht bedrohend – im Gegenteil.
Für Schweizer Firmen gibt es eigentlich nur eines: go west!
«Es werden mehr Investitionen in Amerika gemacht, das bedeutet aber auch mehr Investitionen in der Schweiz im Bereich Marketing, Forschung, Administration. Deshalb sind die steigenden Investitionen in den USA für die Schweizer Wirtschaft und Firmen positiv.» In den letzten Jahren seien die Investitionen aus der Schweiz in die USA um knapp zehn Prozent pro Jahr gestiegen – und im gleichen Ausmass die Exporte in die USA.
Laut Naville zeigt eine neue Studie zudem, dass in den USA tätige Firmen profitabler und innovativer sind. «Das kommt vom grösseren Wettbewerb, den man in Amerika gewinnen muss, die Nähe am grössten Markt und der grössten Innovationskraft der Welt. Für Schweizer Firmen gibt es eigentlich nur eines: Go west!»
Doch lohnen sich die Investitionen auch, wenn die Subventionspolitik der USA ausläuft?
«In den USA werden Dächer häufig erneuert, es gibt viele Unwetter, und viele alte Gebäude. Die Nachfrage bleibt bestehen, unsere Investitionen sind gut überlegt», sagt Holcim-Managerin Gentoso. Sie gibt sich zuversichtlich, dass durch die Subventionen und Steuerrabatte immer mehr Amerikanerinnen und Amerikaner den Schritt zu klimafreundlicherem Bauen machen.
Die USA sind seit 2021 Exportland Nummer 1 für Schweizer Unternehmen. Und derzeit herrscht fast etwas wie Goldgräberstimmung.