Auch wenn IWF-Chefin Kristalina Georgiewa noch einmal mit blauem Auge davongekommen ist – die Zweifel an ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit und der von ihr gelenkten Bretton-Woods-Institutionen sind nicht vollends vom Tisch.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Georgiewa soll sich in ihrer früheren Funktion als Organisationschefin der IWF-Schwesterorganisation Weltbank dafür eingesetzt haben, ein wichtiges Länderranking zugunsten von China zu schönen. Dies möglicherweise, um sich die Unterstützung Chinas bei einer Kapitalerhöhung zu sichern. So jedenfalls steht es im Untersuchungsbericht einer renommierten US-Anwaltskanzlei. Georgiewa selbst bestreitet die Vorwürfe.
Es geht um die Glaubwürdigkeit
Der IWF-Vorstand hat sich die Entscheidung, ob die Bulgarin ihren Chefsessel vorzeitig räumen muss, nicht leichtgemacht: Erst nach acht Sitzungen einigte man sich darauf, der IWF-Chefin das «volle Vertrauen» auszusprechen. Der definitive Beweis für ihre direkte Verwicklung in die Datenmanipulation beim weit beachteten «Doing-Business-Report» der Weltbank könne nicht erbracht werden könne, hiess es in der Begründung. Ein Freispruch sieht anders aus.
Eine umstrittene Entscheidung. Auch wenn Kristalina Georgiewa weitermachen darf: Nicht nur sie, auch IWF und Weltbank müssen nun hart dafür kämpfen, ihre Glaubwürdigkeit zurückzuerobern. Die Bulgarin, weil sie nicht alle Zweifel über politische Einflussnahme aus dem Weg räumen konnte. Weltbank und IWF, weil die Integrität ihrer weit beachteten Ökonominnen- und Ökonomen-Berichte durch den Verdacht politischer Einflussnahme auf die Ergebnisse infrage steht. Und damit auch die Integrität und Glaubwürdigkeit der beiden grossen Finanz-Institutionen selbst.
Für beide kommt die Affäre zu einer denkbar schlechten Zeit: IWF und Weltbank spielen bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle. Der IWF hat als globale Finanzfeuerwehr seit Beginn der Krise vielen armen Ländern mit Notkrediten aus der Klemme geholfen. Und die Krise ist noch lange nicht vorbei.