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Strommangellage: Drohgespenst oder reale Gefahr?
Aus Echo der Zeit vom 06.03.2024. Bild: KEYSTONE/Christian Beutler
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Keine Strommangellage Sonnenstrom wird im Winter immer wichtiger

Das gefürchtete Szenario eines Strommangels ist in diesem Winter nicht eingetroffen. Und bereits dieses Jahr werden Solaranlagen auch im Winter zu verlässlichen Stromlieferanten.

Wetterglück sei Dank. «Die Temperaturen im Winter waren relativ hoch. Damit waren auch der Gas- und Stromverbrauch vergleichsweise tief», erklärt Urs Meister, Geschäftsführer der Elektrizitätskommission (Elcom), welche die Stromversorgung der Schweiz überwacht. Zudem habe das Wetterglück der Schweiz einen nassen Winter mit viel Regen und Schnee beschert. Entsprechend konnten die Energiefirmen mit ihren Wasserkraftwerken viel Strom produzieren.

Totale auf eine Solarstromanlage in der Stadt zürich.
Legende: Solarstromanlagen wie hier auf der VBZ-Garage Hardau in Zürich werden immer wie wichtiger. Keystone/Archiv/GAETAN BALLY

Die Situation diesen Winter war deshalb ausserordentlich erfreulich, bilanziert der Elcom-Chef: «Über längere Zeiten konnte man sogar Strom exportieren.» Diese Tatsache ist deshalb bemerkenswert, weil die Schweiz im Winter normalerweise Strom aus Frankreich oder Deutschland importiert. Im langjährigen Durchschnitt sind es etwa 4 Terrawattstunden (TWh).

Zudem hat mitgeholfen, dass die französischen Kernkraftwerke wieder grösstenteils am Netz sind. Anders als im Herbst und Winter 2022/2023, als rund die Hälfte der Anlagen wegen ausserplanmässigen Revisionen stillstand. Auch deshalb trat das gefürchtete Szenario einer Mangellage nicht ein.

Keine Strommangellage

In der Schweiz ist somit auch im zweiten Winter seit dem Ausbruch des Ukrainekriegs der Strom nie knapp geworden. Gleichwohl bereitet sich die Schweiz seither intensiver darauf vor, mögliche Stromengpässe im Winter abzuwenden: etwa mittels Wasserreserven oder Reservekraftwerken, die mit Gas oder Öl betrieben werden. Gleichzeitig werden in den Alpen grosse Solaranlagen geplant und auch eine Debatte über neue Kernkraftwerke ist neu entflammt.

Solarstrom wird auch im Winter wichtig

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Eine Entwicklung wird oft übersehen, die ganz konkret vonstattengeht – und inzwischen auch im Winter ins Gewicht fällt: die Zunahme der Solaranlagen. 2023 sind auf Einfamilienhäusern und Industriebauten neue Anlagen mit einer Leistung von 1.5 Gigawatt installiert worden. Ein neuer Rekord. Damit komme jährlich ein «halbes» Kernkraftwerk Mühleberg hinzu, wie Wieland Hintz, Solarexperte beim Bundesamt für Energie (BfE), erklärt.

Das sei beachtlich, auch verglichen mit den durchschnittlichen Stromimporten im Winter von 4 TWh: «Die Solaranlagen werden im kommenden Winter rund 2 TWh produzieren. Im Vergleich zum Import liefern die Solaranlagen substantielle Beiträge». Denn bereits jetzt zeichnet sich ab, dass der Ausbau der Solarenergie zügig voranschreitet.

Das BfE und die Solarbranche rechnen für dieses Jahr mit neuen Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.8 bis 2 GW. Auch für Urs Meister von der Elcom ist klar: «Wenn diese Entwicklung einige Jahre anhält, dann ist das eine spürbare Menge, die zur Versorgungssicherheit beiträgt.»

Der Solarstrom beeinflusst die tägliche Stromproduktion

Die steigende Menge Solarstrom beeinflusst die Stromfirmen bereits heute. Vor allem im Sommer, wenn tagsüber viel Sonnenenergie anfällt. In den Mittagsstunden drosseln die Energiekonzerne inzwischen ihre Produktion, dafür laufen die Turbinen am Morgen und am Abend auf Hochtouren, wenn die Sonne aufgeht beziehungsweise untergeht.

Dieser Effekt zeigt sich zunehmend auch saisonal: «Im Oktober und November scheint die Sonne im Vergleich zum Hochwinter noch verhältnismässig viel. Genau dann müssten die Wasserkraftwerke auch weniger laufen», wie es Wieland Hintz formuliert. Somit könnte rein theoretisch Wasser für die dunklen Wintermonate gespart werden.

Effektive Situation viel komplexer

Allerdings ist die Rechnung nicht so einfach: Denn die Energiekonzerne haben nicht nur die Versorgung der Schweiz im Blick, sondern ebenso ihr eigenes Geschäft. «Die Schweizer Wasserkraft produziert auch fürs Ausland. Wenn die Preise attraktiv sind, wird produziert und exportiert». Deshalb ist die effektive Situation viel komplexer, so der Solarexperte weiter. Umgekehrt kommt die enge Verzahnung mit dem Ausland auch der Schweiz zugute.

Letztlich aber trägt der Solarstrom gleichwohl immer mehr für die Stromversorgung bei. Und der Ausbau der Solaranlagen geht weiter, dezentral und ohne hitzige Kontroversen wie bei den grossen Solaranlagen in den Bergen, bei neuen Windrädern, Stauseen oder gar Kernkraftwerken. Diesbezüglich wird sich erst noch zeigen müssen, welche Anlagen dereinst tatsächlich auch gebaut werden und mithelfen, allfällige Lücken im Winter zu stopfen.

Echo der Zeit, 6.3.2024, 18:00 Uhr

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