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KI und die Arbeitswelt Das Gebot der Zukunft: Weiterbilden, weiterbilden, weiterbilden

KI wird Karrieren und Berufsbilder verändern, sagen Bund und Sozialpartner. Gefordert seien alle Akteure in der Arbeitswelt.

Künstliche Intelligenz war auch dieses Jahr Thema am Weltwirtschaftsforum in Davos, denn die rasante technologische Entwicklung beschäftigt Unternehmen und Regierungen weltweit. KI wird die Art und Weise wie wir arbeiten fundamental verändern.

Umschulungen, Weiterbildungen und Neurorientierung werden wichtige Stichworte für die Zukunft. Wie stellt sich die Schweiz darauf ein? SRF hat beim Bund und den Sozialpartnern nachgefragt.

Anforderungen an Arbeitnehmende steigen

Die Ausgangslage sei gut, sagt Rémy Hübschi, stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung Forschung und Innovation: Die Berufsbildung wandle sich laufend, ebenso die Weiterbildungen. «Die Schweiz hat eine hohe Weiterbildungsbeteiligung. Der Bereich ist sehr dynamisch und findet sehr rasch Antworten auf neue Anforderungen», sagt Hübschi.

KI werde allerdings dazu führen, dass die Anforderungen an die Arbeitnehmenden steigern würde, so der Experte des Bundes. «Das heisst, dass Berufsreformen und nötigen Anpassungen müssen noch rascher vollzogen werden.» Vor allem, weil womöglich einzelne Berufe vollständig verschwinden dürften.

Wir erwarten eine Beschleunigung der Veränderungen durch KI. Das bedeutet auch, dass sich die Arbeitnehmenden schneller anpassen müssen.
Autor: Gabriel Fischer Leiter Bildungspolitik bei Travail Suisse

Zum Beispiel die Übersetzerinnen. KI habe bereits einem Teil von Ihnen den Job genommen, erklärt Gabriel Fischer vom Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse. Er sei aber nicht beunruhigt, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungssystem gehörten dazu: «Wir erwarten aber doch eine Beschleunigung dieser Veränderungen. Das bedeutet auch, dass sich die Arbeitnehmenden schneller anpassen müssen.»

Frau benutzt ChatGTP
Legende: KI führe dazu, dass man sich nicht mehr weiterbilde, um Karriere zu machen, sondern sich laufend weiterbilden müsse, um überhaupt auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, sagt Fischer. Keystone/Christian Beutler

Der Staat müsse klar mehr tun, fordert der Gewerkschaftsvertreter. Es gebe zwar einen riesigen Weiterbildungsmarkt und einzelne Unternehmen würden sehr viel investieren. «Aber gerade die indirekten Bildungskosten bleiben zu oft an den Arbeitnehmenden hängen.» Damit meint Fischer die finanziellen Verluste, die man erfährt, wenn man eine Weiterbildung macht und dafür sein Arbeitspensum reduziert.

«Es werden mehr Jobs entstehen als verschwinden»

Box aufklappen Box zuklappen

Jonas Prising ist Chef der Manpower Gruppe – einem der grössten Personaldienstleister weltweit. Prising ist seit vielen Jahren am WEF, wo KI einer der zentralen Themenschwerpunkte war. Im Vergleich zur letztjährigen Diskussion sieht er zwei Entwicklungen: «Die Technologie verändert sich schneller, als alle erwartet haben. Aber ihre Auswirkungen sind langsamer.»

Denn wenn man KI brauche, müsse man die Art und Weise ,wie man arbeite, ändern. Und das täten die meisten von uns nicht so gern. Er sei selber nicht motiviert, seinen KI-Assistenten zu nutzen, weil er noch nicht gelernt hätte, ihn sinnvoll einzusetzen, sagt der Manpower-CEO.

Automatisierung von repetitiven Tätigkeiten

KI werde die Arbeitnehmenden nicht ersetzen, sondern etwas produktiver machen. Seine Personalvermittler könnten zum Beispiel dank KI schneller und besser Lebensläufe schreiben. Aber: «Das macht vielleicht zwei Prozent ihrer gesamten Aufgaben aus.» Das Ziel sei es, möglichst alle repetitiven Tätigkeiten zu automatisieren, damit sich die Belegschaft interessanteren Aufgaben widmen könne. Dazu müsse sie sich auf KI einlassen und sich weiterbilden.

Keine Angst, aber Vorsorge

Man müsse keine Angst vor KI haben, sagt auch Gilbert Huongbo, der Direktor der Internationalen Organisation für Arbeit: «Wir wissen, dass KI Millionen von Jobs zum Verschwinden bringen wird. Gleichzeitig wird KI auch Millionen neue Jobs schaffen – insgesamt sogar mehr als verschwinden.»

Aber die Jobprofile würden sich verändern und da müssten wir uns anpassen: «KI wird dir deinen Job nicht wegnehmen, derjenige der sich weitergebildet hat und gut mit KI umgehen kann, der wird dir deinen Job wegnehmen.» Darum sei Weiterbildung absolut zentral.

In der Erwachsenenbildung fehle ein ausgebautes Stipendienwesen, erklärt Rémy Hübschi vom Bund. Die Kantone würden zum Teil auch an Erwachsene Stipendien und Darlehen vergeben, der Bund zudem zum Teil Kurskosten übernehmen: «Für uns und die Kantone bleibt es eine Daueraufgabe hinzuschauen, dass die berufliche Mobilität in der Schweiz weiterhin so gut gewährleistet ist. Wir müssen das System offen halten.»

Ein kollektiver Kraftakt

Grundsätzlich liege die Verantwortung aber beim Individuum, unterstützt vom Arbeitgeber. Das funktioniere sehr gut, die Schweiz verfüge über eine der höchsten Weiterbildungsraten Europas. Also alles gar kein Problem?

Alle Akteure sind gefordert.
Autor: Nicole Meier Ressortleiterin Bildung beim Schweizerischen Arbeitgeberverband

Nicole Meier, verantwortlich für die Berufs-, Aus- und Weiterbildung beim Schweizerischen Arbeitgeberverband sieht zwar auch eine gute Ausgangslage. Aber alle müssten mehr tun: Die Arbeitnehmenden, die Arbeitgeber und die öffentliche Hand. «Auch den Branchen wird eine wichtige Rolle zukommen. Sie müssen herausfinden, wo etwas in den Betrieben passiert und wo es Unterstützung braucht.» Bei Niedrigqualifizierten brauche es auch die öffentliche Hand.

«Alle Akteure sind gefordert», schliesst Meier. Denn KI mache nur produktiver, wenn sie die Arbeitnehmenden auch einsetzen könnten.

Rendez-vous, 31.01.2025, 12:30 Uhr

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