Von Wilhelmshaven im Norden quer durch Deutschland bis nach Karlsruhe und eventuell bis nach Basel will das Unternehmen Tree Energy Solution (kurz Tes) Pipelines für den Transport von CO2 bauen. Der Technologiechef von Tes, Jens Schmidt erklärt, dass das CO2 über diese Rohre einem Kreislauf zugeführt werden soll, mit dem grüner Wasserstoff nach Europa importiert werden kann.
Konkret soll verflüssigtes CO2 von Wilhelmshaven per Schiff in Regionen gebracht, wo günstige grüne Energie zur Produktion von Wasserstoff zur Verfügung steht, also nach Nordafrika oder in den Mittleren Osten: «Dann wird das Wasserstoffmolekül mit dem CO2 in einem chemischen Verfahren verheiratet. Das ist sozusagen die Befüllung der Glasflasche. Dann wird diese Flasche auf ein Schiff gepackt. Der erste Hafen in Europa ist Wilhelmshaven.»
Umwandeln, wo es günstiger ist
Dort wird das CO2 entweder direkt wieder vom Wasserstoff getrennt und zurück in den Kreislauf geschickt oder das Gemisch wird als grünes Gas verwendet, wie Erdgas. Wichtig für den Kreislauf ist, wenn das grüne Gas einen Industrieofen beheizt, muss das CO2 dort abgeschieden werden und über die Pipeline wieder nach Wilhelmshaven transportiert werden.
Alle diese Umwandlungsprozesse brauchen grüne Energie, wie Schmidt von Tes einräumt, trotzdem lohne sich das wirtschaftlich: «Wir kommen entlang der Kette auf eine Effizienz von 50 Prozent. Selbst mit diesen 50 Prozent Energieineffizienz lohnt es sich noch, weil die Erneuerbaren in diesen Ländern weniger als die Hälfte von dem kosten, was man hier bezahlen würde.»
Für den Bau des Terminals in Wilhelmshaven hat Tes von der deutschen Regierung jüngst grünes Licht erhalten, weil darüber kurzfristig auch herkömmliches Erdgas in flüssiger Form importiert werden kann. Das Pipeline-Netz in Deutschland soll in den 2030er Jahren stehen. Die Schweiz könnte über einen Pipeline-Arm in Basel an das Netz angeschlossen werden, meint Schmidt.
EU-Kommission plant auch Infrastruktur
Andrea Burkhardt, Co-Leiterin der Abteilung Klima im Bundesamt für Umwelt Bafu, zeigt sich grundsätzlich interessiert: «Der Bund begrüsst diese private Initiative und sucht das Gespräch mit den Initianten. Wir führen auch Gespräche mit anderen Initiativen, zum Beispiel mit der Europäischen Kommission, die sich auch eine CO2-Transportinfrastruktur am Überlegen ist.»
Zum CO2-Abscheiden kommen vor allem Zementwerke und Kehrichtverbrennungsanlagen infrage.
Klar ist jetzt schon: Die Schweiz wird den CO2-Ausstoss bis 2050 nicht auf null reduzieren können. Burkhardt rechnet damit, dass rund 12 Millionen Tonnen CO2 oder rund ein Viertel des heutigen Ausstosses unvermeidbar sind: «Von diesen zwölf Millionen Tonnen denken wir, dass sieben direkt aus der Luft zu filtern sind. Fünf Millionen Tonnen können aus Industrieabgasen ausgeschieden werden. Hier kommen vor allem Zementwerke oder Kehrichtverbrennungsanlagen infrage.»
Tes hat die Erdölindustrie im Rücken
Noch sind viele Fragen offen: Zum Beispiel jene, ob das CO2 über die Pipeline tatsächlich in den Kreislauf zum Wasserstoff-Import eingespeist werden oder nicht besser gleich in eine unterirdische Lagerstätte in der Nordsee, oder ob tatsächlich auf die private Tes gesetzt werden soll.
Das Unternehmen hat die Erdölindustrie im Rücken, die ein Interesse daran hat, dass nicht alles auf Strom umgestellt wird, sondern dass die bisherigen Infrastrukturen mit Gas weiter betrieben werden können – mit grünem statt mit braunem.