Eine Geschworenen-Jury in San Francisco hat einstimmig entschieden, dass der Monsanto-Unkrautvernichter Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat ein wesentlicher Faktor für die Lymphdrüsenkrebs-Erkrankung des Klägers Edwin Hardeman gewesen sei.
Dem bislang zweiten US-Urteil im Zusammenhang mit Glyphosat dürften viele weitere folgen. Ende Januar waren allein in den USA 11'200 Klagen gegen Bayer beziehungsweise Monsanto hängig.
Wusste Monsanto von der Gefahr durch Glyphosat?
Die Klagewelle wegen des Einsatzes von Glyphosat war im letzten Herbst so richtig ins Rollen gekommen, nachdem ein US-Gericht in einem ersten Fall Bayer zu einer hohen Millionenentschädigung verknurrt hatte.
Der aktuelle Fall in San Francisco ist nun aber der erste, der vor einem Bundesgericht verhandelt wird. Damit hat er mehr Gewicht als der erste. Ob Bayer auch dieses Mal dem Krebsopfer eine Entschädigung zahlen muss, wird in Kalifornien noch verhandelt.
Teuer wird es für Bayer dann, wenn der Kläger das Gericht davon überzeugen kann, dass Monsanto um die Gefahr von Glyphosat wusste, dies aber verheimlicht hat.
20 Milliarden Dollar Schadenersatz?
Der deutsche Pharmakonzern gibt sich zuversichtlich. Glyphosat sei nicht krebserregend, hiesst es dort. Für Rechtsstreitigkeiten hat Bayer erst 660 Millionen Euro zur Seite gestellt.
Analysten gehen davon aus, dass sich die Entschädigungen für Krebsopfer auf bis zu mehr als 20 Milliarden Dollar summieren könnten – falls Monsanto eine bewusste Verheimlichung nachgewiesen werden kann.
Für Bayer geht es um weit mehr als um teure Gerichtsfälle. Die Monsanto-Pflanzenschutzmittel mit Glyphosat sind für Bayer so etwas wie das iPhone für Apple: Sie werden in 160 Ländern verkauft, der Jahresumsatz beträgt mehr als 4 Milliarden Euro pro Jahr. Bayer kann und will darauf nicht verzichten.
Aber auch viele Bauern wollen nicht ohne Glyphosat arbeiten. Als Brasilien die glyphosathaltigen Produkte letzten Sommer verbieten wollte, liefen die Bauern Sturm. Auch in anderen Ländern gibt es erst zaghafte Versuche, die Anwendung des Pflanzengifts einzuschränken. Beispiele hierfür sind Frankreich und Tschechien.
Wissenschaft ist sich uneins
Für Bayer geht es um viel – und der Konzern muss solange das Schlimmste befürchten, bis wissenschaftlich geklärt ist, ob Glyphosat wirklich krebserregend ist. 2017 hatte die Lebensmittelbehörde der EU Glyphosat nach langem Streit für weitere fünf Jahre zugelassen.
Es gebe zu wenig wissenschaftliche Beweise, dass das Pflanzenschutzmittel Krebs erzeuge, hiess es damals. Allerdings waren die Studien, die zu diesem Schluss führten, nicht öffentlich. Am europäischen Gerichtshof ist eine Klage hängig, die die Publikation der Studien erzwingen will.