- Frankreich steckt in einer Regierungskrise: Nach den Wahlen verfügt keiner der grossen politischen Blöcke über eine Mehrheit im Parlament.
- Die drohende Pattsituation hat bereits Konsequenzen: Die Ratingagentur Moody's droht, die Kreditwürdigkeit Frankreichs herabzusetzen.
Frankreich und die Haushaltsdisziplin – das ist keine Liebesbeziehung. Seit 50 Jahren hat die «Grande Nation» ausnahmslos Defizite angehäuft. Aktuell beträgt die Neuverschuldung 5.5 Prozent. Sie ist damit fast doppelt so gross wie von der EU toleriert.
Die EU-Kommission hat ein Defizitverfahren gegen Frankreich eingeleitet. Brüssel wird Paris schon bald zu Massnahmen drängen, um dem übermässigen Defizit abzuhelfen. Den Appell der EU müsste Frankreich dann spätestens bei der Erstellung des Budgets im Herbst berücksichtigen.
Ratingagentur Moody's glaubt nicht an Schuldenabbau
Das Parlament ist aktuell wohl nicht dazu in der Lage, sich auf Sparmassnahmen oder Steuererhöhungen zu einigen. Keiner der drei politischen Blöcke konnte bei den Wahlen die absolute Mehrheit erringen.
Präsident Macron warb am Mittwochabend erstmals für die Bildung einer grossen Koalition, die neben den Republikanern auch Links-Parteien miteinbeziehen soll. Diese hatten im Wahlkampf unter dem Dach des «Nouveau Front populaire» Ideen wie eine Rückkehr zu «Rentenalter 60» postuliert – nicht gerade Budget-schonend.
Zwar ist Frankreich weit von einer solchen Regierung entfernt. Doch nur schon die Aussicht darauf erschreckt Investoren. Die Ratingagentur Moody's droht bereits damit, Frankreichs Kreditwürdigkeit herabzusetzen. Die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor’s vollzog diesen Schritt bereits Ende Mai.
Frankreich droht Abwärtsspirale
Sollten nun tatsächlich auch Moody's und andere Ratingagenturen an der Bonität Frankreichs schrauben, hätte das für den Staatshaushalt weitreichende Folgen. Anlegerinnen und Anleger würden dann einen höheren Zins auf französischen Staatsanleihen verlangen.
In der Konsequenz müsste Frankreich einen noch grösseren Teil des Budgets für die Tilgung der Schulden aufwenden. Es blieben dann weniger Mittel für die eigentlichen Staatsaufgaben – zum Beispiel für die Infrastruktur, die Verteidigung oder die soziale Wohlfahrt.
Je länger die Politik Massnahmen für einen ausgeglichenen Haushalt verschiebt, desto schwieriger wird es für Frankreich, diese Abwärtsspirale abzuwenden. Die Schuldenlast Frankreichs beträgt mittlerweile über 3100 Milliarden Euro. Das ist mehr als die gesamte jährliche Wirtschaftsleistung des Landes.