Am Boden tobt ein klassischer Krieg mit Panzern, Kanonen und Soldaten in Schützengräben. Über dem Schlachtfeld hingegen schwebt Hightech: Kommerzielle Drohnen verfolgen mit Kameras das Geschehen. Eingesetzt werden sie von beiden Parteien.
Neben der Aufklärung dienen sie auch für Angriffe mit angehängten improvisierten Sprengkörpern. Und die Drohnen werden auch zur Propaganda genutzt. Denn die Videoaufnahmen aus der Vogelperspektive eignen sich hervorragend, um eigene Erfolge auf dem Schlachtfeld zu dokumentieren.
Live-Bilder vom Einschlag
Die Live-Bilder von der Front sind aber auch für die Soldaten im Hinterland sehr hilfreich, um die Artilleriegeschütze über viele Kilometer hinweg korrekt einzustellen. «Soweit bekannt ist, verfügen die Ukrainer mittlerweile über ein ausgeklügeltes System, mit dem sie Drohnenaufnahmen direkt an Artilleriestellungen weiterleiten», sagt Michel Wyss, der an der Militärakademie der ETH Zürich zu moderner Kriegsführung forscht.
Die kommerziellen Drohnen haben weitere Vorteile: Sie werden in Massen produziert, sind mit mehreren hundert bis mehreren tausend Franken vergleichsweise billig und einfach erhältlich. Und auch leicht zu bedienen. Das ist aber auch ihre Schwachstelle, denn wird das Signal zwischen der Person an der Fernbedienung und der Drohne gestört, wird letztere nutzlos.
Autonom und tödlich
Deshalb gehe die technologische Entwicklung stark Richtung autonome Drohnen, erklärt Stuart Russell. Der Professor an der amerikanischen Universität Berkeley forscht zu künstlicher Intelligenz und ist seit Jahren ein Warner vor autonomen Waffen. «Damit die Verbindung nicht gestört wird, muss die Drohne ihr Ziel ohne menschliches Zutun finden. Diese Entwicklung ist unaufhaltsam und kommt sehr schnell», sagt Russell.
Erste Firmen haben bereits angekündigt, dass sie genau solche autonomen Drohnen herstellen – auch wenn über die technischen Fähigkeiten und Merkmale noch wenig bekannt ist. Noch gibt es bislang keine Indizien, dass solche Drohnen in der Ukraine bereits eingesetzt werden.
Drohnenabwehr muss nachziehen
Trotzdem: Das Problem mit den autonomen Drohnen komme früher oder später: «Sobald die Drohnen autonom ihre Ziele ansteuern, könnten sie in riesigen Stückzahlen produziert werden. So würde regelrecht eine Massenvernichtungswaffe kreiert», sagt Russell.
Auch Michel Wyss von der ETH Zürich geht davon aus, dass die Entwicklung autonomer Drohnen nur eine Frage der Zeit ist. Parallel dazu werde aber auch die Drohnenabwehr Fortschritte machen – wie einst die Flugabwehr als Antwort auf die Kampfflugzeuge.
Mit autonomen Drohnen und deren Abwehr zeichnet sich bereits die nächste Phase in der technologischen Weiterentwicklung des Krieges ab.