Vier unscheinbare, einstöckige Gebäude stehen in Oberbuchsiten im Kanton Solothurn neben der Autobahn A1, umgeben von einem hohen Metallzaun. Dicke Rohre ragen aus dem Boden, und in einem dieser Pavillons – mitten in einem Gewirr farbiger Leitungen – steht Rolf Samer und erklärt: «Wir sind hier in einer druckreduzierenden Messstation. Hier kommt das Gas mit einem Druck von 55 Bar, wie wir es von der Transitleitung übernehmen.» Von dort wird das Gas auf weitere Stationen und die lokalen Verteiler übergeben, mit nur noch 5 Bar.
Samer ist der Chef der Gasverbunds Mittelland, einem der grössten Gasimporteure der Schweiz. Er beschafft Gas unter anderem für die Stadtwerke von Basel, Bern, Olten oder Neuenburg. Insgesamt rund einen Drittel des Gases, das in der Schweiz verheizt wird. Gas macht rund 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs der Schweiz aus.
Woher genau das Gas kommt, das gerade aus dieser Station zum Beispiel Richtung Olten fliesst, weiss Samer nicht. Sicher ist: Der Grossteil stammt aus Russland.
Keine direkten Verträge mit Russland
Samer beziffert den Anteil des russischen Gases auf 40 bis 50 Prozent. Der Rest stamme aus eigener europäischer Produktion wie etwa aus Holland oder Norwegen. «Und einiges kommt natürlich jetzt auch über LNG-Schiffe nach Europa.» LNG ist Gas, das so stark gekühlt wird, dass es flüssig ist. Direkte Verträge mit Russland habe der Gasverbund keine.
Einen Abnahmevertrag gebe es mit Holland. Den Restbedarf deckt der Importeur über Gasbörsen ab. «Eigentlich ist es Hans was Heiri an den Börsen. Es gibt keine Nachweise, woher das Gas kommt», sagt Samer.
Grundsätzlich gilt: Die Preise sind stark gestiegen. Samers Händlerinnen und Händler kaufen einerseits kurzfristig Gas, um den Bedarf zu decken, sichern sich aber gleichzeitig Gaslieferungen für die nächsten paar Jahre: «Ich kann ein sogenanntes Jahresband für 2023/24 kaufen und mir die Menge zum heutigen Preis absichern. Natürlich sind auch die Zukunftspreise in die Höhe gegangen.»
Wenn es Engpässe in Europa geben sollte, wird es für alle schwierig.
Die Schweiz habe genug Gas, versichert Samer. Auch wenn Russland die Gaslieferungen einstellen sollte. Im Frühling und Sommer sinkt auch der Verbrauch, und dieser könne durch Gas aus Speichern und Flüssiggas gedeckt werden. Im nächsten Winter dürfte sich die Situation wieder zuspitzen. Dann könnte Gas – trotz Lieferverträgen – auch bei den Handelspartnern in Europa knapp werden. «Wenn es Engpässe in Europa geben sollte, wird es für alle schwierig.»
Und die Schweiz als Insel in Europa ist auf die Unterstützung der europäischen Partner angewiesen. Denn erneuerbare Energien aus dem Inland, zum Beispiel Biogas, sind nur in kleinsten Mengen verfügbar. Das heisst: Gas als Energieträger dürfte teuer bleiben. Und Szenarien, bei denen die Wohnungen weniger stark geheizt und Fabriken reduziert in Betrieb sind, um Energie zu sparen, dürften dann auch in der Schweiz realer werden.