- Die USA sind nach der EU der zweitwichtigste Handelspartner für die Schweiz.
- Unter Präsident Trump nahmen die Exporte nach Übersee um zehn Prozent pro Jahr zu.
- Mit dem neuen Präsidenten Biden könnte dieses Wachstum gebremst werden, glaubt der Chef der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer.
Martin Naville beobachtet die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und der Schweiz seit vielen Jahren. Er ist Chef der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer. Die Schweiz exportiere mittlerweile gleich viele Waren in die USA wie nach Deutschland, sagt Naville.
Was bedeutet der Wahlsieg von Joe Biden für die Schweizer Wirtschaft? «Vor allem viele Fragezeichen», sagt Naville. Biden habe kaum einen inhaltlichen Wahlkampf geführt, deshalb wisse man wenig über seine Haltung zum Welthandel. «Biden hat sich sehr zurückgehalten und darauf gewartet, dass sich Donald Trump selber in den Fuss schiesst – was ja auch passiert ist.»
Es herrschen viele Fragezeichen vor.
Man wisse bis jetzt nur, dass Biden in der Umwelt- und Gesundheitspolitik Schwerpunkte setzen wolle. Zum Thema Handel dagegen habe er sich kaum verlauten lassen. Auch sei noch unklar, wer in Bidens Regierungskabinett kommt. «Es herrschen die Fragezeichen vor», so Naville.
Wie weiter mit Trumps Strafzöllen?
Völlig offen ist auch, wie Biden mit den protektionistischen Strafzöllen verfahren wird, mit denen Trump den Welthandel überzogen hat. Unter diesen Abgaben leiden kleine, offene Volkswirtschaften wie die Schweiz stärker als Volkswirtschaften mit einem grossen Binnenmarkt, wie zum Beispiel die USA oder China.
Naville rechnet nicht damit, dass es im Handelskrieg unter Biden zu einer Entspannung kommt. Im Gegenteil – der neue US-Präsident könnte den Protektionismus noch verstärken, denn schliesslich gehe es um Arbeitsplätze in den USA.
Trump machte vor allem viel Lärm
Zudem sei der Protektionismus unter Trump gar nicht wirklich gelebt worden, sagt der Chef der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer. «Trump hat vor allem viel Lärm gemacht.»
Die Schweizer Exporte in die USA hätten unter Trump jedes Jahr um zehn Prozent zugenommen. «Das tönt nicht sehr nach Protektionismus.» Deshalb könne es durchaus sein, dass die Regierung Biden den US-Wirtschaftsraum stärker abschotten werde. Das hänge auch davon ab, wen Biden in die Regierung hole.
Chancen für Freihandelsabkommen sinken
Aus dem gleichen Grund glaubt Naville auch nicht daran, dass sich die Schweiz Hoffnung auf ein baldiges Freihandelsabkommen mit den USA machen kann. Über ein solches wird seit vielen Jahren geredet. Mit Biden seien die Chancen auf ein Abkommen Schweiz-USA eher gesunken – zumindest stehe es nicht zuoberst auf der Prioritätenliste der künftigen US-Regierung.
Als Vizepräsident unter Barack Obama war Joe Biden zweimal am World Economic Forum in Davos. Seine Frau Jill hat in der Schweiz das duale Bildungssystem studiert und erste Anstrengungen unternommen, es in die USA zu importieren – Affaire à suivre, darf man annehmen.