Preisüberwacher Stefan Meierhans spricht von einem Game-Changer. «Computer lernen, wie sie Konsumentinnen und Konsumenten noch besser packen können, ihnen noch mehr Geld aus dem Portemonnaie ziehen können». Künstliche Intelligenz als Preismanager: In der hart umkämpften Tankstellenbranche könnte das schon bald Realität sein.
Die Wettbewerbsbehörden müssen anfangen zu verstehen, was hier jetzt abgeht.
Die europaweit tätige Firma A2i Systems bietet für Tankstellenbetreiber solche KI-generierte Software an. Die Firma verspricht auf der eigenen Internetseite, ihre Software könne «Mengen und Margen verbessern» und «mehr Profit generieren». Die selbstlernende Software analysiert das Kaufverhalten, die Konkurrenz und optimiere schnell und effizient die Preise.
Migros-Tochter testet KI-Tools
Migrol ist in der Schweiz ein Kunde von A2i. Die Migros-Tochter betreibt über 300 Tankstellen. Auf Anfrage bestätigt Migrol, dass an einigen Tankstellen die KI-Software getestet werde. Man wolle den Kunden ein gutes Angebot bieten. Die Software helfe, die Preise effizient und attraktiv zu gestalten.
Die anderen angefragten grossen Tankstellenbetreiber verneinen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Allenfalls könne sich das ändern, wenn – wie im Ausland – die Preise mehrmals im Tag angepasst werden.
KI treibt Preise hoch
Doch treiben solche KI-Tools zwingend die Preise hoch? Die Forschung beginnt erst, sich mit diesem Thema zu befassen. Eine grossangelegte Studie aus Deutschland gibt jedoch bereits erste Hinweise, dass KI-gestützte Software die Margen der Tankstellenbetreiber vergrössert.
«Die Wettbewerbsbehörden müssen anfangen zu verstehen, was hier jetzt abgeht», sagt Preisüberwacher Meierhans. Die Gefahr bestünde, dass über die Algorithmen der Software stille Absprachen stattfinden – die niemand beweisen könne.
Kunden brauchen mehr Informationen
Die Anbieter rüsten auf – den Autofahrerinnen und Autofahrern fehlt hingegen die Übersicht über die Preise in ihrer Region. Der Preisüberwacher fordert darum, dass auch Kunden bessere Instrumente erhalten, um auf Augenhöhe am Wettbewerb teilzunehmen. Es brauche eine staatliche Treibstoff-App, wie sie Österreich seit Jahren kennt.
In der Schweiz hat diese allerdings nur noch wenig Unterstützer in der Politik. Als die Preise letztes Jahr dermassen in die Höhe schnellten, forderten auch bürgerliche Politiker ein Vergleichstool für Autofahrer. Doch im Frühjahr hat der Nationalrat eine entsprechende Motion abgelehnt. Sein Argument: Verbände wie der TCS würden ja bereits Preisvergleiche anstellen.
Die Leute wissen in aller Regel in ihrer Gegend, wo die günstigsten Tankstellen sind.
Auch der Verband der Tankstellenbetreiber ist gegen eine staatliche App. «Es gibt schon eine hohe Transparenz. Die Leute wissen in aller Regel in ihrer Gegend, wo die günstigsten Tankstellen sind», sagt Ueli Bamert vom Verband Avenergy.
Am Mittwoch diskutiert nun der Ständerat erneut, ob der Staat für Transparenz im Tankstellenmarkt sorgen soll.