Nach der Lehre ist vor der Lehre: Das gilt auffällig oft für Lernende von landwirtschaftlichen Berufen, also zum Beispiel Landwirtin, Obstfachmann, Gemüsegärtnerin oder Winzer. Knapp ein Drittel dieser Lernenden hat bereits eine Lehre abgeschlossen. «Ein Teil sind Jugendliche, die auf einem Hof aufwachsen und zuerst bewusst etwas anderes sehen wollen», sagt Petra Sieghart vom Schweizer Bauernverband. «Der andere Teil sind Spätberufene.»
Von der Schreinerei auf den Bauernhof
Gerade diese Quereinsteiger seien für die Landwirtschaft wichtig. «Sie bringen Innovation und frischen Wind.» Welche Berufe die Jugendlichen vorher gelernt haben, wird statistisch zwar nicht genau erhoben. Oftmals sind es gemäss Branchenkennern aber Schreinerinnen, Zimmerleute oder Landmaschinenmechaniker.
Seit der Pandemie interessieren sich mehr Menschen für die Natur.
Besonders auffällig ist die Zweitlehre im Bereich Gemüsebau. Jede zweite Gemüsegärtnerin hat zuvor etwas anders gelernt. Warum sich die Personen ausgerechnet für diesen Beruf entscheiden, kann der Branchenverband der Gemüseproduzenten nur vermuten. Vielleicht, weil sie auch ohne eigenen Hof als Gemüsegärtner tätig sein können.
40 Prozent der Gemüsegärtner-Lernenden sind zudem Frauen – mehr als in anderen landwirtschaftlichen Berufen, wo es nur rund 23 Prozent sind. Das könnte mit der etwas weniger grossen körperlichen Belastung zu tun haben. Oder damit, dass der Beruf eng verwoben ist mit der Affinität zu Lebensmitteln, Ernährung und Kochen. Viel Mutmassungen also.
Die Natur als Motivation
Klar ist unter Fachleuten indes: Es ist auch die Natur, die junge Leute in die Landwirtschaft zieht. «Seit der Pandemie interessieren sich mehr Menschen für die Natur», sagt Markus Waber, Stellvertretender Direktor des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten.
Auch Petra Sieghart vom Bauernverband begründet das Interesse an Landwirtschaftslehren unter anderem mit der Freude an der Natur. Zudem arbeiten die Lernenden früh selbstständig und tragen bereits in der Ausbildung viel Verantwortung, etwa im Umgang mit Tieren oder Maschinen. All diese Vorteile spiegeln sich gemäss Sieghart in der Berufswahl. Zwar schwanken die Lernenden-Zahlen jeweils, sind gemäss Verband aber auf konstant hohem Niveau.
Zudem haben die Lernenden später viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Für die rund 3800 Lernenden, die dieses Jahr begonnen haben, heisst es aber vorerst: die nächsten Jahre durchhalten und die Lehre abschliessen.
Das gilt indes für alle Lernenden, die vor wenigen Wochen eine Lehre in einem der fast 250 verschiedenen Berufe begonnen haben. Die meisten Lernenden sind dabei nicht draussen auf dem Feld, sondern drinnen. Sie machen eine kaufmännische Lehre.