Medtech – was ist das eigentlich? Die Abkürzung steht für Medizinaltechnik. Es gibt rund 1400 verschiedene Unternehmen, die in knapp 30 Fachgebieten Produkte herstellen. Sie erwirtschaften einen Umsatz von 23.4 Milliarden Franken.
Wie ist die Branche entstanden? Die Branche ist entstanden aus der Zusammenarbeit zwischen Unfallchirurgen und Handwerkern – die Ärzte hatten die Ideen, die Handwerker das Wissen für die Umsetzung. So arbeiteten etwa der Chirurg Maurice E. Müller und der Mechaniker und Konstrukteur Robert Mathys in den 1960er-Jahren Hand in Hand. Die beiden Fachleute hätten «frei von Standesdünkel» zusammengearbeitet, wie Viktor Moser in seinem Buch schreibt, in dem er die Entstehung der Medtech aufzeigt. Auch Nobelpreisträger und Inselspital-Direktor Theodor Kocher und Maurice Schaerer gelten als Wegbereiter der Medtech-Branche.
Wie viele Angestellte hat die Branche? Mit knapp 72'000 Beschäftigten ist die Branche ähnlich gross wie die Chemie- und Pharmaindustrie, in der rund 75'000 Arbeit finden. In den vergangenen zehn Jahren haben Medtech-Unternehmen 20'000 Arbeitsplätze geschaffen.
Wo sieht die Branche ihre Hürden? In einer aktuellen, alle zwei Jahre veröffentlichten Studie, kommt die Branche zum Schluss, dass eine der grössten Hürden bei der europäischen Medizinprodukteregulierung (Medical Device Regulation, MDR) liegt. Diese Richtlinien wurden 2017 eingeführt. Sie sind schärfer als die vorangehenden Regulierungen und haben zum Ziel, Medizinalprodukte sicherer zu machen.
Das sind die Folgen der MDR-Regulierung: Das MDR-Prozedere ist aus Sicht der Branche bürokratisch und teuer. 80 Prozent der Firmen haben extra dafür zusätzliches Personal eingestellt – oftmals zulasten der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Die Hälfte der Firmen hat gemäss Umfrage das Produktportfolio um durchschnittlich 20 Prozent reduziert.
Rund 20 Prozent der Schweizer Unternehmen wenden sich nun zuerst an die US-Behörden, um dort eine Zulassung zu erhalten. «Die Zulassung in den USA ist viermal schneller und viermal günstiger als die Anerkennung in der EU», sagt Reinhart Seibl, Direktor Regulatory Affairs beim Medtech-Unternehmen Geistlich Pharma mit Sitz in Wolhusen LU.
Die Krux dabei: Die in den USA zugelassenen Produkte sind nicht «automatisch» auch in der Schweiz anerkannt. Hierfür braucht es Zertifikate, die den EU-Regulierungen entsprechen. Ohne EU-Zertifikate also auch keine Anerkennung in der Schweiz. Das Parlament hat zwar bereits vor Jahren eine Motion von Ständerat und Medtech-Branchenpräsident Damian Müller (FDP/LU) überwiesen, die dies ändern will. Ausserhalb der EU zugelassene respektive anerkannte Produkte sollen auch in der Schweiz verwendet werden können. Doch noch ist kein Gesetz auf dem Tisch.