Am 21. März verhängte die EU Einreise- und Finanzsperren gegen vier Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas aus der Region Xinjiang. Peking reagierte umgehend und belegte seinerseits zehn europäische Parlamentarier und verschiedene Wissenschaftler mit Einreisesperren. Nun müsse die Schweiz nachziehen, fordert SP-Nationalrat Fabian Molina.
«Wenn die Schweiz keine Sanktionen beschliesst, macht sie sich nicht nur international unglaubwürdig, sie verstösst auch gegen ihre eigene China-Strategie. Und sie unterstützt Chinas Regierung bei diesen schwersten Menschenrechtsverbrechen gegen die uigurische Minderheit indirekt über die Möglichkeit von Umgehungsgeschäften.» Das dürfe nicht passieren.
Noch keinen Entscheid gefällt
Norwegen und Island übernahmen die Sanktionen. Die USA, Kanada und Grossbritannien haben ähnliche beschlossen. Das Schweigen der Schweiz hierzu war letzte Woche Thema an den Von-Wattenwyl-Gesprächen. Ob man die Sanktionen übernehmen solle, werde diskutiert, hiess es dort.
Der Bundesrat habe aber noch keinen Entscheid gefällt. Dafür hat FDP-Ständerat Damian Müller, Präsident der Aussenpolitischen Kommission (APK), Verständnis. Das Thema sei sehr heikel. Es sei besser, abzuwarten.
«Momentan sind keine Sanktionen erforderlich.» Ausser es komme nochmals zu Bewegungen, was er nicht ausschliesse. «Deshalb müssen wir, eng getaktet mit der EU, schauen, dass wir nicht für Umgehungsgeschäfte missbraucht werden.» Es sei richtig, dass sich die Schweiz in dieser Frage zurückhalte, findet SVP-Nationalrat Franz Grüter, Vizepräsident der APK.
Das entspreche ihrer Tradition als neutralem Staat. «Das heisst nicht, dass wir Probleme nicht ansprechen. Aber nicht in Form von Sanktionen, sondern mittels eines Austausches. Sanktionen sind kontraproduktiv und helfen nicht, die Situation der Menschen in China zu verbessern», ist er überzeugt.
Schweiz zwischen Hammer und Amboss
Doch es gibt auch bürgerliche Stimmen, die Sanktionen gegen China befürworten. Eine davon ist der Mitte-Ständerat Beat Rieder. Die Schweiz müsse Massnahmen gegen die Umgehung der EU-Sanktionen treffen. Ausserdem rühme sich der Bundesrat der guten Beziehungen mit China.
«Dann soll er jetzt diese besonders guten Beziehungen dazu nutzen, die Menschenrechtssituation in dieser Provinz zu verbessern», sagt er. «Und falls das nicht erreicht werden kann, dann bin ich auch dafür, dass solche Sanktionen übernommen werden können, wenn sie stichhaltig sind.»
Die Schweiz befindet sich zwischen Hammer und Amboss. Verhängt sie Sanktionen, riskiert sie Strafmassnahmen aus Peking, ihrem drittwichtigsten Handelspartner. Tut sie nichts, könnten die Sanktionen der EU via Schweiz umgangen werden, was wiederum in Brüssel kaum goutiert würde.
Auf Worte müssen Taten folgen
Einfach aussitzen könne der Bundesrat das Problem aber nicht, sagt Angela Mattli von der Gesellschaft für bedrohte Völker. «Die EU ist noch immer der wichtigste Handelspartner der Schweiz und das gilt es auch im Hinblick auf die Sanktionen zu beachten. Hinzu kommt, dass die Schweiz sich in der China-Strategie zur europäischen Wertegemeinschaft bekennt.»
Hier müssten nun auch Taten folgen, so Mattli. Die Schweiz könne nicht mehr lange schweigen zur Frage, ob sie die EU-Sanktionen gegenüber China übernehmen solle oder nicht, findet sie. Sie müsse Farbe bekennen.