- Raiffeisen-Chef Patrik Gisel gibt sein Amt auf Ende Jahr ab und scheidet aus der Bank aus.
- Er will gemäss der Raiffeisen-Gruppe mit diesem Schritt die Debatte um seine Person beenden und die Reputation der Bank schützen.
- Gisel war wegen der Affäre um das Geschäftsgebaren des ehemaligen Raiffeisen-Chefs Pierin Vincenz in die Kritik geraten.
Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung. Der Banker soll bei Firmenübernahmen der Kreditkartengesellschaft Aduno und der Investmentgesellschaft Investnet ein Doppelspiel gespielt und persönlich abkassiert haben. Er sass deswegen während rund 15 Wochen in Untersuchungshaft.
Nachfolger vom Nachfolger gesucht
Vincenz war 17 Jahre an der Spitze von Raiffeisen und prägte die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz massgeblich. Sein Nachfolger Gisel leitet die Bank seit Oktober 2015 und wird seine Funktion noch bis Ende 2018 wahrnehmen.
Bevor Gisel Vincenz an der Spitze der Raiffeisen ablöste, war er 13 Jahre lang dessen Stellvertreter. Dies wurde zu einer Hypothek für seine Glaubwürdigkeit. So soll etwa der geheime Zwischenbericht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) zur «Ära Vincenz» auch Gisel belasten, berichtete etwa die «SonntagsZeitung» vor zehn Tagen. Der Vorwurf: Laut dem Bericht habe die Raiffeisen-Spitze bis 2015 über eine halbe Milliarde Franken in die Finanzgesellschaft Leonteq gesteckt, was als Klumpenrisiko zu taxieren sei. Die Kredite seien aber nicht wie vorgeschrieben dem Verwaltungsrat vorgelegt, sondern von der Geschäftsleitung direkt bewilligt worden. Vincenz war damals noch Raiffeisen-Chef und Gisel sein Stellvertreter.
Die Integrität von Patrik Gisel steht für die Raiffeisen jedoch ausser Zweifel. Weder das im Juni 2018 abgeschlossene Enforcement-Verfahren der Finanzmarktaufsicht Finma, noch die Zwischenresultate der laufenden unabhängigen Untersuchung zur «Ära Pierin Vincenz» würden ihn aufsichtsrechtlich belasten, hält das Institut fest.
Grössere Erneuerung steht bevor
Der Raiffeisen-Verwaltungsrat hat den Auswahlprozess für einen neuen Vorsitzenden der Geschäftsleitung bereits eingeleitet. Die Suche erstreckt sich dabei nicht nur auf einen neuen Konzernchef. Anfang März hatte bereits Verwaltungsratspräsident Johannes Rüegg-Stürm wegen der «Affäre Vincenz» den Bettel hingeschmissen. Seither wird das Aufsichtsgremium interimistisch von Vizepräsident Pascal Gantenbein geleitet.
Überhaupt steht dem Raiffeisen-Verwaltungsrat eine grössere Erneuerung bevor. Die Zahl der Mitglieder ist zuletzt von elf auf sieben geschrumpft. Bei der Delegiertenversammlung vor vier Wochen schieden wie geplant Edgar Wohlhauser, Werner Zollinger und Franco Taisch aus. Darüber hinaus verzichteten überraschend auch die Zürcher Alt-Regierungsrätin Rita Fuhrer und der Tessiner Politiker Angelo Jelmini auf eine Wiederwahl in den Verwaltungsrat.
Gemäss den aktuellen Plänen werden zudem im Herbst 2018 Daniel Lüscher und Urs Schneider und im Sommer 2019 Philippe Moeschinger aus dem Verwaltungsrat zurücktreten. Neu in das Gremium gewählt wurde zuletzt nur Thomas Rauber und Rolf Walker.