Das Wichtigste in Kürze
- Raiffeisen Schweiz will ihren lokalen Genossenschaften den Finma-Bericht nicht zukommen lassen.
- Der Bericht enthalte dem Bankgeheimnis unterstehende Informationen, so die Begründung.
- Bei den regionalen Raiffeisenbanken kommt das schlecht an. Sie wollen über die Rolle von Raiffeisen-Chef Patrik Gisel mehr wissen.
Er selber habe mit der Affäre Vincenz abgeschlossen, sagte der Chef der Raiffeisenbank Schweiz, Patrik Gisel, am Rande der Delegiertenversammlung in Lugano vom Wochenende. Er sei sicher, dass er sich nichts habe zuschulden kommen lassen.
Gisels Rolle durchleuchten
Den Regionalbanken und Verbänden stossen diese Worte sauer auf. Gisel war jahrelang die Nummer Zwei hinter Pierin Vincenz gewesen. Deshalb möchten die Regionalbanken gerne selber überprüfen, welches die Rolle von Gisel im Detail war.
Dazu brauchen sie den Untersuchungsbericht der Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde (Finma) von letzter Woche. Doch diesen hält die Raiffeisen-Zentrale in St. Gallen laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers» unter Verschluss.
Sind die Genossenschafter «Aussenstehende»?
Die Verfügung der Finma enthalte Elemente, die dem Bankgeheimnis unterstünden, sagt Raiffeisen-Sprecherin Cécile Bachmann. «Deshalb können wir den Bericht nicht ohne Bearbeitung an Aussenstehende weitergeben.»
Und da der Finma-Bericht Raiffeisen Schweiz betreffe, seien die 225 unabhängigen regionalen Raiffeisenbanken juristisch als Dritte zu betrachten – wie auch die Delegierten, so Bachmann.
Bankgeheimnis gilt sowieso
Dem widerspricht Erich Scherrer, Anwalt und Präsident der Raiffeisenbank in Wil/SG: Es sei absurd, das Bankgeheimnis als Begründung heranzuziehen. «Auch wir sind ans Bankgeheimnis gebunden», betont er. Deshalb wäre es in seinen Augen «überhaupt kein Problem», wenn Raiffeisen Schweiz den Bericht den regionalen Banken überlassen würde.
Die Raiffeisen-Zentrale in St. Gallen kann laut der Finma tatsächlich selbst entscheiden, wem sie den Bericht gibt, und wem nicht. Die Finma macht keine Vorschriften – so lange dabei alle Gesetze eingehalten werden.
Macht der St. Galler Zentrale zurückfahren?
Für Jurist Scherrer ist die Einsicht in den Bericht für die Raiffeisengenossenschaften und -banken noch aus einem anderen Grund wichtig: Man müsse genau wissen, was Raiffeisen Schweiz vorgeworfen werde. «Damit wir als Eigentümerinnen reagieren können.»
Tatsächlich sind die Genossenschaften die Besitzer von Raiffeisen Schweiz. Sie möchten nicht nur in Bezug auf die Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz unter CEO Patrik Gisel reagieren, sondern auch bezüglich der Machtfülle der Zentrale.
Diese sei unter dem ehemaligen Chef Vincenz viel zu gross geworden, sagten viele Delegierte an der Versammlung vom Samstag. Deshalb wollen die Raiffeisenverbände und -banken die Macht von Raiffeisen Schweiz zurückfahren.