«Wir glauben, dass Tiktok der grösste Beautykanal der Welt werden wird», sagt Weleda-Geschäftsführerin Tina Müller im «Eco Talk». «Es ist sehr videolastig, und man sieht immer mehr Influencer, Influencerinnen oder Content Creators, wie sie sich schminken.» Dieses Zeigen der Beautyroutine wirke besonders gut.
Weleda betreibt seit einem Jahr selbst einen Tiktok-Kanal. Allerdings sind dort erst 19 Clips zu finden. Ein grosses Publikum erreichte das Unternehmen mit Videos zum auf Männer ausgerichteten Haar-Tonikum: Einer der Clips wurde mehr als drei Millionen Mal aufgerufen. Andere Videos erreichen nur wenige Tausend Views.
Tina Müller möchte das Unternehmen verjüngen oder, wie sie sagt, «auf Modernisierungsreise schicken». Das ist allerdings nicht ganz einfach.
Denn Weleda ist kein gewöhnliches Unternehmen. Es geht auf Rudolf Steiner und Ita Wegmann zurück. 77 Prozent der Stimmrechte gehören der Anthroposophischen Gesellschaft und der Klinik Arlesheim, die ebenfalls anthroposophisch ausgerichtet ist. Dem wirtschaftlichen Denken war stets die Weltanschauung übergeordnet.
Als Tina Müller im Oktober 2023 den Chefposten bei Weleda übernahm, hatte das Unternehmen fünf Jahre lang kopflos agiert. Besser gesagt: mit mehreren Köpfen. Weleda hatte sich statt einer Geschäftsführerin ein Führungsgremium aus drei, später vier Personen gegeben.
Neben den 120 Naturkosmetik-Produkten wie Duschgels und Cremes stellt das Unternehmen auch rund 1000 anthroposophische Arzneimittel her. Diese kosten viel Geld, machen aber nur 19 Prozent des Umsatzes aus (Stand 2023). Würde man rein ökonomisch herangehen, müsste man die Sparte streichen.
Tina Müller hat nun die anspruchsvolle Aufgabe, dem Unternehmen zu gesunden Zahlen zu verhelfen, ohne seine Grundfesten zu erschüttern. Bereits 2012 holte man einen Sanierer, Ralph Heinisch. Er schaffte den Turnaround. Bis Weleda 2022 wieder in die roten Zahlen geriet.
Tina Müller will nun Viererlei versuchen:
- Sie will auf die erwähnte jüngere Zielgruppe setzen.
- Sie will Parfümerien als neuen Verkaufskanal nutzen (zuvor führte sie das Unternehmen Douglas).
- Sie will mehr «Hochleistungskosmetik» anbieten, wie sie es nennt.
- Sie will auf Swissness setzen.
Ein Marktforschungsunternehmen habe in Deutschland herausgefunden: «Schweiz heisst besonders hohe Qualität und Naturverbundenheit.»
So hat Weleda vergangenes Jahr Produkte mit blauem Enzian und Edelweiss eingeführt. Damit wendet sich das Unternehmen an die ältere Kundschaft. Das Versprechen: Die Cremes sollen «tiefe Falten» reduzieren.
Vor allem sprechen sie aber eine Zielgruppe an, die nicht preissensitiv ist. So könne man etwa bei Duschpflege oder Bodylotions weniger aufschlagen. Anders bei Anti-Aging-Produkten für das Gesicht, sagt Tina Müller. «Dort ist es den Menschen wert, einen Schweizer Franken oder Euro mehr auszugeben.»