Höhere Mieten, teurerer Strom, gestiegene Preise für Lebensmittel. Die hohe Inflation hat Lohnerhöhungen jüngst weggefressen. Nach 2 Jahren mit Reallohnverlust zeichnet sich nun eine leichte Erholung ab. Zumindest für rund 650'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welche einem Gesamtarbeitsverträge (GAV) unterstehen, der mindestens 1500 Personen umfasst. Das Bundesamt für Statistik hat diese untersucht. Das Ziel: Die diesjährigen Veränderungen der effektiven Löhne mit dem Vorjahr zu vergleichen.
Steigende Effektivlöhne
Dabei zeigt sich: Die Nominallöhne sind bei den untersuchten GAV-Verträgen um durchschnittlich 2.5 Prozent gestiegen. Bei einer prognostizierten Teuerung für das Jahr 2023 von +2.2 Prozent verbleiben somit unter dem Strich noch +0.3 Prozent real im Portemonnaie. Damit ist die Entwicklung der letzten zwei Jahre gebremst, in denen die Löhne real gesunken sind.
Deutliche Branchenunterschiede
Nicht alle Branchen schneiden allerdings gleich gut ab. Die grösste Steigerung verzeichnen demnach mit 2.9 Prozent die Bereiche Information und Kommunikation sowie Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen. Im Gesundheits- und Sozialwesen fällt der Anstieg mit 1.9 Prozent am geringsten aus und liegt damit unter der prognostizierten Teuerung von 2.2 Prozent.
Wir bewegen uns in einem Umfeld voller grosser Unsicherheiten, nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels.
Unterschiedliche Einordnung
Für den Arbeitgeberverband ist das ein erfreuliches Ergebnis. «Wir bewegen uns in einem Umfeld voller grosser Unsicherheiten, nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels», sagt dessen Direktor, Roland Müller. Die Lohndiskussionen würden entsprechend ausgeglichen ausfallen, so Müller.
Die Reallöhne sind in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge rückläufig. Das hat es in der Nachkriegszeit noch nie gegeben.
Weniger positiv sieht das der Gewerkschaftsbund. Während die Entwicklung für die untersuchten GAV in die richtige Richtung gehe, sehe die Entwicklung für die grosse Mehrheit der Arbeitnehmenden, nämlich jene ohne GAV, schlechter aus. «Erste Schätzungen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass die Reallöhne rückläufig sind, in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge. Das hat es in der Nachkriegszeit in der Schweiz noch nie gegeben», so Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse. Immerhin stiegen die Reallöhne dort, wo Gewerkschaften und Berufsverbände gemeinsam am Tisch gesessen und mitverhandelt haben, so Bauer.
Hohe Lohnforderungen auf dem Tisch
Mit Blick auf die Zukunft fordert die Gewerkschaft deswegen für nächstes Jahr generelle Lohnerhöhungen von bis zu 4.5 Prozent. Noch weiter geht der Schweizerische Gewerkschaftsbund der aufgrund von Nachholbedarf, Teuerung und Produktivität gar Erhöhungen von 5 Prozent verlangt.
Was dieses Jahr unter dem Strich im Portemonnaie der Arbeitnehmenden übrig bleibt, müssen die definitiven Zahlen im nächsten Frühling zeigen. Erste positive Signale gibt es aber bereits von Migros und Coop, welche ihre Löhne für das kommende Jahr um über 2 Prozent erhöht haben.