Warum sind einige Länder arm und andere reich? Was sind die grundlegenden Ursachen für die grossen Unterschiede im Pro-Kopf-Einkommen zwischen Ländern? Diesen Fragen gingen die MIT-Professoren Daron Acemoğlu und Simon Johnson und James A. Robinson, Professor an der Universität Chicago, in ihrer Forschungsarbeit «The Colonial Origins of Comparative Development» nach.
Wenn Ökonomen den Begriff Institution verwenden, meinen sie damit: Eigentumsrechte, eine ehrliche Regierung, politische Stabilität, ein verlässliches Rechtssystem sowie wettbewerbsfähige und offene Märkte.
Es besteht aber Unsicherheit über den Einfluss von Institutionen auf die Wirtschaftsleistung eines Landes. Um diesen zu untersuchen, verfolgten die drei Wissenschaftler folgenden Ansatz: Es gibt zwei Arten von Institutionen. Solche, die Mitbestimmung fördern und langfristig sowohl für die Demokratie als auch für das Wachstum der Wirtschaft förderlich sind. Zum anderen jene, die nur einer kleinen, elitären Minderheit nützen und nicht dem Wohle der gesamten Gesellschaft dienen.
Institutionen und ihre Folgen
Um die Auswirkungen der Institutionen zu verstehen, wenden die Wohlstandsforscher ihr Konzept auf die europäische Kolonialzeit an. Damals nutzten Kolonialmächte einige Übersee-Territorien zur Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung und zur eigenen Ressourcengewinnung. Aber an anderen Orten erschufen die Europäer auch integrative politische und wirtschaftliche Systeme zum langfristigen Nutzen der europäischen Migranten. Damit einher gingen auch unterschiedliche Institutionen – mit unterschiedlichen Folgen für den Wohlstand.
In Ländern, die zum Zeitpunkt der Kolonisierung arm waren, wurden, laut den drei Nobelpreisträgern, häufig integrative Institutionen eingeführt, die im Laufe der Zeit zu einer allgemein wohlhabenden Bevölkerung führten. Dies ist ein wichtiger Grund dafür, warum ehemalige Kolonien, die einst arm waren, heute reich sind und umgekehrt.
Acemoğlu, Johnson und Robinson folgerten daraus, dass Gesellschaften mit einem schwachen Rechtsstaat und ausbeuterischen Institutionen weder Wirtschaftswachstum noch einen Wandel zum Besseren erzeugen. «Auf Basis unserer Erkenntnisse favorisieren wir Demokratie», erklärt Nobelpreisträger Acemoğlu.
Bedeutung von Institutionen
Dass Institutionen entscheidend dafür sind, ob es einem Land gut oder weniger gut geht, ist laut ETH Zürich Professor Hans Gersbach keine neue Idee. Acemoğlu, Johnson und Robinson hätten aber das erste Mal auch empirisch die Zusammenhänge zwischen Institutionen und Wohlstand aufgezeigt und bestätigt.
Dem stimmt auch der Vorsitzende des Komitees für den Preis der Wirtschaftswissenschaften, Jakob Svensson, zu. Ihre Untersuchung mit empirischen und theoretischen Ansätzen habe Pionierarbeit geleistet, «die unser Verständnis von globaler Ungleichheit erheblich erweitert haben».
Der Wirtschaftsnobelpreis ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurückgeht. Er wird seit Ende der 1960er Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Trotzdem wird er gemeinsam mit den weiteren Auszeichnungen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, feierlich überreicht.