Mehr als 30'000 Ehen wurden dieses Jahr in der Schweiz bereits geschlossen. Eine Auswertung des Bundes zeigt, wie ähnlich sich die Eheleute in vielem sind.
Die Ökonomin Melanie Häner von der Universität Luzern interessiert sich besonders für solche Ähnlichkeiten, vor allem sozio-ökonomische. Sie hat für eine Studie zusätzlich zu den Bevölkerungsinformationen auch Steuerdaten analysiert. Die Angaben der Eheleute ein Jahr vor der Trauung zeigen klar: Personen, die eine Ehe miteinander eingehen, ähneln sich bei der Bildung, beim Vermögen und beim Einkommen stark.
Heiraten verstärkt die soziale Ungleichheit
Bei den Reichsten und bei den Ärmsten sei das besonders augenfällig, sagt Melanie Häner: «Eine Heirat innerhalb des obersten Einkommensprozents ist fast 15-mal wahrscheinlicher, als wenn die Paare zufällig heiraten würden. Eine Ehe innerhalb der untersten ein Prozent ist sogar 33-mal wahrscheinlicher.»
Die Forscherin kann zeigen, dass dieses selektive Verhalten bei der Partnerwahl die Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft deutlich erhöht. Würden die Paare, die sie beschreibt, einander zufällig zugelost heiraten, wäre die Ungleichheit 10 Prozent tiefer.
Diese Art der Selbstselektion überwiegt weitgehend sogar die steuerliche Umverteilung via Progression. Also den Umstand, dass Personen mit hohen Einkommen nicht nur absolut mehr Steuern zahlen, sondern auch relativ. Auf diese Art versucht man Ungleichheit in der Gesellschaft ein stückweit auszugleichen. Ökonomin Häner formuliert es so: «Mit ihren Heiratsentscheiden nehmen Herr und Frau Schweizer eine höhere Ungleichheit in Kauf. Über die Steuerprogression wird das nur in Teilen wettgemacht.»
Frauen heiraten sich kaum gesellschaftlich nach oben.
Auch wenn Männer und Frauen in der Schweiz eine klare Tendenz haben, einen Partner oder eine Partnerin vom gleichen Status zu heiraten, so gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen würden eher dazu neigen, jemanden vom nächsthöheren Status zu heiraten, stellt die Ökonomin fest. Bei Männern lasse sich das nicht beobachten. Die Differenz sei allerdings minim, und auch bei Frauen seien grosse Status-Sprünge via Heirat – sogenannte Aschenputtel-Geschichten – äusserst selten.
Aufstieg aus eigener Kraft
Wenn vor allem Reich und Reich zusammenkommen und Arm und Arm, ist das zentrale Versprechen einer Leistungsgesellschaft dann nicht Illusion? Dass es jeder und jede schaffen kann, und soziale Mobilität Realität ist und nicht nur eine Behauptung? Die Ökonomin Melanie Häner verneint. Gerade die soziale Mobilität verhindere, dass das Heiraten unter seinesgleichen Dynastien verfestige.
Um das zu zeigen, haben Melanie Häner und ihr Team auch die Steuerdaten der Eltern der Eheleute mit einbezogen. Die Analyse zeigt zwar auch hier eine Ähnlichkeit, aber sie sei weniger ausgeprägt als zwischen den Eheleuten. Das heisst: Dass jemand Status und Wohlstand selbst erarbeitet hat, kommt viel häufiger vor als früher. Oder wie es Häner ausdrückt: «Heute wird viel eher in neues Geld geheiratet als in altes. Das geht nur dank der gesellschaftlichen Durchlässigkeit. Sonst würden wir immer noch in Habsburger-Zeiten leben.»