Nutzen wir eine Suchmaschine, verraten wir, was uns interessiert. Nutzen wir einen Online-Kartendienst, verraten wir, wo wir sind und wo wir hinwollen. Nutzen wir ein soziales Netzwerk, verraten wir viel von unseren Vorlieben und Interessen – dass im Internet ständig Daten von uns gesammelt werden, ist zur Binsenweisheit geworden.
Nur Podcasts sind in Sachen Datensammeln immer noch eine Blackbox: Oft wissen ihre Macher kaum mehr, als wie oft eine Episode heruntergeladen wurde, wo das ungefähr geschah und wann. Wer genau die Episode gehört hat und ob sie überhaupt gehört wurde, bleibt in vielen Fällen ein Geheimnis.
Dass rund ums Podcast-Hören so wenig Daten gesammelt werden, hat damit zu tun, dass verschiedene Akteure nötig sind, einen Podcast von den Macherinnen zum Publikum zu bringen.
Zwar fallen dabei vielerorts Daten an – beim Podcast-Host, dem Podcast-Verzeichnis, der Podcast-App –, doch die einzelnen Stellen geben ihre Daten untereinander nur selten weiter.
100 Millionen Datenpunkte am Tag
Spotify könnte das ändern: Der Streaming-Dienst investiert seit einigen Jahren viel in Podcasts. Und im Gegensatz zu Podcast-Anbietern wie etwa Apple besetzt Spotify im Podcast-Koordinatensystem gleich mehrere Stellen: Spotify ist die App, in der man Podcasts hört; das Verzeichnis, in dem man Podcasts findet; in vielen Fällen auch der Host, der die Podcasts speichert – und Spotify publiziert eigene Podcasts, die exklusiv auf der Plattform zu finden sind.
Weil Spotify Podcast-Episoden nicht nur ausliefert, sondern auch abspielt, weiss die Plattform, wie oft eine Podcast-Episode gehört wurde und auch wie lange. Diese Daten kann sie mit denen kombinieren, die bei der Erstellung eines Spotify-Kontos gesammelt werden: zum Beispiel die E-Mail-Adresse und Telefonnummer, das Geburtsdatum und Geschlecht sowie der Wohnort einer Person.
Insgesamt soll Spotify täglich mehr als 100 Milliarden Datenpunkte messen – neben den oben genannten auch jedes Antippen des Start-, Stopp- und Pause-Buttons oder jede Suchanfrage. Genug Daten also, um eine Nutzerin einer für die Werbeindustrie massgeschneiderte Zielgruppe zuzuteilen.
Werbung wünscht sich zielgruppenspezifische Ansprache
Spotify ist auch in der Lage, seinem Publikum unterschiedliche Werbe-Unterbrechungen vorzuspielen – ein Hörer der Zielgruppe A erfährt in einer Podcast-Episode dann mehr über die neusten Küchenutensilien, während einer Hörerin der Zielgruppe B der neuste Sportwagen schmackhaft gemacht wird.
Solche personalisierte Werbung lässt oft sich teurer verkaufen als herkömmliche. Sie ist deshalb für Podcast-Macherinnen interessant, die ihre Arbeit durch Werbung finanzieren müssen. Und natürlich hat auch die Werbeindustrie grosses Interesse an einer möglichst zielgruppenspezifischen Ansprache.
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Es ist gut möglich, dass der Druck auf andere Podcast-Plattformen deshalb zunehmen wird, es Spotify gleichzutun und ebenfalls mehr Daten zu sammeln. Und es ist auch möglich, dass immer mehr Podcast-Macher auf solche Plattformen abwandern, wenn sie dort mehr Geld verdienen können. Kommt es so weit, wird auch das Podcast-Hören in der Online-Welt keine Ausnahme mehr sein, zumindest wenn es ums Datensammeln geht.