Je schwieriger es ist, gutes Personal zu finden, desto stärker wachsen die Löhne. Diesen Zusammenhang belegt Daniel Kopp Arbeitsmarktökonom an der ETH Zürich in seiner neuen Studie. «Unternehmen, die keine Arbeitnehmenden finden, müssen attraktiver werden, damit mehr Menschen bei ihnen arbeiten wollen.»
Die Studie zum Nachlesen
In der Gastronomie werden die Löhne laut Umfrage um fast vier Prozent steigen. Nicht aber im Gesundheits- und Sozialwesen, obwohl da der Mangel an Arbeitskräften grösser ist. Das könne zu einem Teufelskreis führen, so Kopp: «Der Druck auf die Übriggebliebenen steigt, und es steigen noch mehr Leute aus.»
Personalmangel in Kitas
Genau das erlebt Corinne Ruch in der Kindertagesstätte Margarethenpark in Basel. Sie habe bloss eine von vier offenen Stellen besetzen können. «Damit steigt die eh schon hohe Belastung für den Rest der Belegschaft», sagt Ruch. Aktuell hätten sie mit vielen Krankheitsfällen zu kämpfen.
Der Beruf sei nicht mehr so beliebt, wie er mal war. Das liege auch an der grossen Belastung und den tiefen Löhnen: Nach der Lehre verdienen Betreuerinnen und Betreuer in Basel gerade mal 4300 Franken. Der Lohn steigt dann zwar, doch viele Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger würden nicht im Beruf bleiben.
Das Problem bestehe in allen 35 Basler Kitas des Vereins Familea, sagt die Geschäftsleiterin Monika Bitterli. «Wir können den Personalschlüssel nur mit Mühe und Not einhalten.» Die Nachfrage nach Kita-Plätzen sei riesig, die Auslastung entsprechend hoch, was die Belastung auf die Betreuerinnen und Betreuer nochmals erhöhe.
Wenig Spielraum bei den Preisen
Eigentlich müsste man ja weitere Kitaplätze schaffen, sagt Bitterli. Dazu brauche es aber dringend bessere Arbeitsbedingungen. Diese möchte Bitterli denn auch verbessern – doch sie hat wenig Spielraum: In Basel gibt der Kanton vor, wie viel ein Kitaplatz maximal kosten darf, wie viel Personal mit welcher Ausbildung für eine Gruppe von Kindern zuständig ist und auch, wie viel dieses Personal zu verdienen hat. Die Politik gibt also den betriebswirtschaftlichen Rahmen vor.
Nicht in allen Kantonen sind die Kitas gleich stark reguliert. Aber überall gilt: Die Politik hat zumindest indirekt über Subventionen einen massgeblichen Einfluss darauf, wie viel Geld die Kitas für einen Kitaplatz bekommen. Und die Eltern in der Schweiz bezahlen schon heute im internationalen Vergleich viel für einen Kitaplatz, entsprechend eng ist der Preissetzungsspielraum der Kitabetreiberinnen.
Und genau das gilt nicht nur für Kitas, sondern für einen grossen Teil des Gesundheits- und Sozialwesens: Die Chefinnen und Chefs agieren in einem stark regulierten Feld, in dem sie die Preise nicht frei setzen können. Dieser Spielraum ist beispielsweise in der Gastronomie – laut Umfrage der ETH – grösser.
Eine gesellschaftliche Frage
Für Daniel Kopp von der ETH muss sich die Gesellschaft fragen, wie viel ihr eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und Gesundheitsversorgung wert ist. «Wenn wir gutes Personal wollen, dann müssen wir die Mittel zur Verfügung stellen, um höhere Löhne zu zahlen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.» Sonst arbeiteten die Leute woanders.
Bei der Kinderbetreuung ist die Diskussion besonders pikant: Denn nicht nur die Eltern, sondern auch die Wirtschaft ist auf eine gute Kinderbetreuung angewiesen. Denn wenn diese Eltern ihre Kinder selbst betreuen, fehlen sie der Wirtschaft als Fachkräfte.