Wer in der Schweiz Sozialhilfe bezieht, erhält Unterstützung bei der Stellensuche. Damit der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt gelingt, muss aber oft an Grundkompetenzen gefeilt werden: am Lesen und Schreiben, an grundlegenden Computerkenntnissen.
Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) und der Verband für Weiterbildung haben deshalb vor drei Jahren eine Weiterbildungsoffensive gestartet. Mit Erfolg, wie sie nun bilanzieren. Das Angebot soll deshalb ausgeweitet werden, gemeinsam mit der Wirtschaft.
Rückkehr in den Arbeitsmarkt
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der Schweiz aktuell gefragt. Die Arbeitslosenquote liegt bei tiefen 2.1 Prozent. Und weil gemäss Verfassung nicht unbegrenzt Arbeitskräfte im Ausland rekrutiert werden dürfen, suchen Arbeitgeber verstärkt auch in der Schweiz.
Auch Menschen, die von der Sozialhilfe abhängig sind, sollen deshalb in den Arbeitsmarkt zurückkehren, sagt Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbandes: «Beim heutigen Fachkräftemangel sind es nicht nur Leute, die hochqualifiziert sind, sondern auch solche, die einfachere Arbeiten verrichten.»
Vogt nennt etwa das Beispiel der Restaurantküche. «Wenn Sie dort niemanden haben, der abwäscht, müssen Sie auch keinen Koch einstellen. Denn dann können Sie das Restaurant gar nicht erst betreiben.»
Es wird etwa erwartet, dass man auch einmal eine Zoom-Konferenz mitmachen kann. In solchen Dingen müssen wir die Leute weiter- und ausbilden.
Auch für solche Einstiegsjobs gibt es aber Hürden, speziell für Menschen in der Sozialhilfe. Denn die Hälfte der Betroffenen hat keinen Berufsabschluss und ein Drittel Mühe mit sogenannten Grundkompetenzen.
Matthias Aebischer, SP-Nationalrat und Präsident des Verbandes für Weiterbildung, sagt, dort solle bei der Weiterbildung angesetzt werden. «Es geht um Sprachgebrauch, aber auch um Computerkenntnisse.»
Gerade die Pandemie habe gezeigt, dass viele der nötigen Skills heute im computertechnischen Bereich liegen würden. «Es wird etwa erwartet, dass man auch einmal eine Zoom-Konferenz mitmachen kann. In solchen Dingen müssen wir die Leute weiter- und ausbilden», fordert Aebischer.
Gutscheine für Sprachkurse
In der Region Hochdorf und Sursee im Kanton Luzern zum Beispiel erhielten Sozialhilfebeziehende in den vergangenen vier Jahren Gutscheine von der Sozialhilfe, die sie für einen Sprachkurs nutzen konnten. Das rechne sich auch für die Allgemeinheit: Ohne Weiterbildung und entsprechende Betreuung koste eine Person in der Sozialhilfe 25'000 Franken pro Jahr. Die Massnahmen, um aus der Sozialhilfe herauszukommen, kosteten einmalig etwa 40'000 franken.
Solche Angebote wollen die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe und der Weiterbildungsverband nun schweizweit machen. Etwa ein Drittel der Sozialhilfebeziehenden kämen in Frage, sagt Aebischer. «Wir fokussieren auf diese 60'000, die wollen und eigentlich auch können – aber vielleicht mangelnde Sprach- und Computerkenntnisse haben.»
Nur ein Tropfen auf den heissen Stein?
Allerdings: Sind diese tief qualifizierten Arbeitnehmer – auch nach Weiterbildungen – tatsächlich jene Leute, die die Wirtschaft aktuell so händeringend sucht? Für einen Einstieg reiche es, sagt Arbeitgeberpräsident Vogt, auch wenn längst nicht alle weitergebildeten Betroffenen tatsächlich aus der Sozialhilfe herauskommen.
Vogt schliesst: «Die Lösung des Fachkräftemangels ist ein Mosaik, das man aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzen muss. Und das ist einer dieser Bausteine.»