Ob Lachs aus Rüebli, Burger aus Soja oder hochtechnologisches Poulet aus Erbsenproteinen – das Angebot an pflanzlichen Fleischersatzprodukten vermehrt sich rasant. Der Absatz hat sich gemäss den Grossverteilern im letzten Jahr nahezu verdoppelt.
Auch eine Untersuchung der UBS sieht in pflanzenbasiertem Fleisch grosses Potential. So soll der globale Markt bis 2025 auf 51 Milliarden Dollar anwachsen, was eine Verdreifachung des Marktes bedeuten würde. Begründen lasse sich dieses Wachstum unter anderem durch eine Veränderung des Konsumverhaltens. Umweltverträglichkeit, Ressourcenknappheit, Tierwohl und Bedenken um die Gesundheit gehören gemäss der Untersuchung zu den Gründen, wieso vermehrt auf Fleischersatzprodukte gesetzt wird.
Auch der «Metzger» mischt mit
Um den Anschluss in einem der grössten Wachstumssegmente der Nahrungsindustrie nicht zu verpassen, hat auch einer der grössten Fleischproduzenten der Schweiz mittlerweile solche Produkte im Angebot. Die Rede ist von der Coop-Tochterfirma Bell. Sie deckt bereits eine breite Palette an veganen und vegetarischen Konsumbedürfnissen ab: vom Vegiburger, über Vegi-Hackfleisch, bis zu pflanzenbasiertem Fleischkäse.
Der Spagat vom Fleisch- zum Vegi-Ersatzproduktproduzenten ist für Lorenz Wyss, Geschäftsführer von Bell, kein Widerspruch. Es gehe um ein Kundenbedürfnis: «Unser Ziel ist es, das herzustellen, was bei den Konsumenten in der Mitte des Tellers ist.» Wenn sich der Inhalt des Tellers verändere, dann müsse sich Bell anpassen, sagt Wyss. Es sei die Antwort auf den veganen und vegetarischen Trend.
Trend könnte ungewollte Wirkung haben
Michael Siegrist, Professor für Konsumentenverhalten an der ETH Zürich, sieht den Trend hin zu mehr Konsum von pflanzenbasierten Produkten nicht nur unproblematisch. «Wie stark die neuen Proteinquellen tierische Proteine ersetzen, ist noch vollständig unklar», meint er. Man wisse zudem nicht, ob es zu einem Mehrkonsum an Proteinen kommen wird: «Konsumieren die Leute zusätzlich zum Fleisch diese pflanzlichen Proteine, dann haben sie am Schluss nicht weniger Fleisch, sondern mehr Proteine konsumiert», sagt Siegrist.
Ebenfalls ist laut Siegrist unklar, ob nur bei günstigen Restprodukten der Fleischproduktion wie Hackfleisch und Würste, die von weniger nachgefragten Teilen des Tieres stammen, die Nachfrage sinkt, dafür aber «bei den Edelstücken die Nachfrage nach wie vor hoch bleibt». Auch in diesem Fall hätte der Trend zu mehr Konsum von pflanzenbasiertem Fleischersatz eine ungewollte Wirkung.
Kommt bald das Labor-Fleisch?
Neben den Investitionen ins Segment der pflanzlichen Ersatzprodukte hat Bell einen weiteren Fleischersatz im Blick: aus tierischen Zellen gezüchtetes Labor-Fleisch. Der Herstellungsvorgang von Labor-Fleisch sei besonders nachhaltig. Das Unternehmen hat deshalb in ein holländisches Start-up investiert. Was nach Science Fiction tönt, könnte bald vor der Marktreife stehen.
Laut Siegrist ist die Akzeptanz dafür aktuell aber noch nicht vorhanden: «Wenn man Konsumenten mit der Idee von Labor-Fleisch konfrontiert, dann haben viele Assoziationen wie: Das ist nicht natürlich oder das ist eklig.» Ob sich die pflanzenbasierten Ersatzprodukte oder gar das Fleisch aus dem Labor von den Vorbehalten und ihrem Nischendasein befreien können, ist offen. Klar ist: Sie werden immer beliebter.