Der Zusammenbruch der Credit Suisse war laut der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) hauptsächlich ein Managementversagen, das durch übermässige Risikobereitschaft begünstigt wurde. Auch die Politik trägt Mitverantwortung, obwohl seit 2012 die Too-Big-to-Fail-Regulierung im Bankengesetz solche Krisen verhindern sollte. Aymo Brunetti, Leiter der Too-Big-to-Fail-Expertengruppe sagt, was er vom PUK-Bericht hält.
SRF News: Hat sie etwas im PUK-Bericht überrascht?
Aymo Brunetti: Nein, nicht wirklich. Der Prüfbericht bietet zwar durch tieferen Dokumentenzugang spannende Einblicke, bestätigt aber im Wesentlichen die Hauptpunkte früherer Berichte.
Eine Verstaatlichung der Credit Suisse wäre mir weniger lieb gewesen als eine Abwicklung.
Nach dem CS-Untergang im März 2023 gerieten auch Sie in die Kritik: Die Regeln hätten versagt, doch Sie widersprachen, da der Ablauf nicht angewandt wurde. Bringt der PUK-Bericht für Sie neue Erkenntnisse?
Nein, der Bericht bestätigt im Wesentlichen meine Sicht. Die Fusion war angesichts der Umstände nachvollziehbar, auch wenn sie mit unschönen staatlichen Eingriffen verbunden war. Allerdings wurde die Sanierung und Abwicklung der Grossbank nie durchgespielt, weshalb unklar bleibt, ob es funktioniert hätte. Positiv ist, dass die Berichte zeigen, was noch fehlt, um künftig besser vorbereitet zu sein.
Würden Sie rückblickend ebenfalls sagen, dass das Risiko, die Credit Suisse Konkurs gehen zu lassen, zu gross gewesen wäre?
Sagen wir es so: Es gab eine Alternative, und ich finde es gut, dass man sie gewählt hat. Eine Verstaatlichung der CS wäre mir jedoch weniger lieb gewesen als eine Abwicklung.
Das Finanzdepartement schrieb im März, die CS wäre ohne Too-Big-to-Fail-Puffer schon früher in Liquiditätsprobleme geraten. Sehen sie das genauso?
Absolut. Die Too-Big-to-Fail-Politik besteht ja einerseits darin, dass man versucht, die Bank widerstandsfähiger zu machen – und wenn sie dann scheitert, dass sie scheitern kann. Die gestiegene Widerstandsfähigkeit ist klar erkennbar – etwa bei der Pandemie. Banken sind heute robuster.
Wir müssen noch einiges tun, denn beim nächsten Mal gibt es keine zweite Schweizer Grossbank.
Nach dem CS-Zusammenbruch schlug eine Expertengruppe mehr Eigenkapital für systemrelevante Banken vor. Ist die Schweiz damit für die Zukunft gut aufgestellt?
Es ist entscheidend, jetzt Massnahmen wie den Liquiditäts-Backstop umzusetzen und die Kapitalisierung zu stärken. Besonders wichtig ist, dass ausländische Tochtergesellschaften ausreichend Eigenkapital haben, um bei einer Krise nicht die Gesamtbank zu gefährden. Hier sind klare Nachbesserungen nötig. Ich halte diese Reform für sehr zentral.
Könnte die «Superbank» UBS abgewickelt werden, ohne die Schweizer Volkswirtschaft mitzureissen und eine globale Finanzkrise auszulösen?
Das zentrale Ziel der Reform ist, eine Abwicklung ohne Fusion zu ermöglichen. Wir müssen noch einiges tun, denn beim nächsten Mal gibt es keine zweite Schweizer Grossbank. Ohne eine funktionierende Abwicklung könnte eine Verstaatlichung der Bank den Staat mit Hunderten von Milliarden an Risiken belasten – das sollten wir tunlichst vermeiden.
Wenn ich sie richtig verstehe, dann sind wir aktuell nicht an diesem Punkt?
Beim letzten Mal wurde dieser Schritt nicht gemacht, und die Glaubwürdigkeit ist derzeit gering. Deshalb sind die Reformen wichtig, um sicherzustellen, dass beim nächsten Mal – was hoffentlich nie ist – die Finanzministerin oder der Finanzminister mit Zuversicht sagen kann, dass der Sanierungsweg vorbereitet ist.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.