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Rohstofffirmen in Zug Zuger Finanzdirektor: «Wir haben kein Blut an den Händen»

Mit tiefen Steuern und tatkräftiger Unterstützung durch die Politik ist der Kanton Zug zum Paradies für Unternehmen geworden. Tausende Briefkastenfirmen sind in Zug registriert. Auch rund 400 russische Firmen sind dort zu Hause.

Nicht nur die Zuger Grünalternativen sind laute Kritiker dieses Zustands. Der Vorwurf: Zug fülle die Kriegskasse von Russland. Finanzdirektor Heinz Tännler weist das von sich. Sein Kompass sei die Rechtsstaatlichkeit, Moral habe dort keinen Platz.

Heinz Tännler

Finanzdirektor Kanton Zug (SVP)

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Regierungsrat Heinz Tännler ist seit 2016 für die Finanzen des Kantons Zug verantwortlich. Der Jurist ist Mitglied der SVP und hat eine Vergangenheit als Sportfunktionär bei der Fifa und dem Schweizer Eishockeyverband.

SRF: Was sagen Sie zum Vorwurf, dass Sie den Ukraine-Krieg mitfinanzieren?

Heinz Tännler: Das ist völlig unbegründet. Wir haben einen Krieg, weil wir auf der einen Seite einen Aggressor haben und auf der anderen Seite die Europäische Union, die NATO und Amerika. Es geht um Interessen. Wenn man am Ende des Tages so tut, als wäre der kleine Kanton Zug, wo der Rohstoffhandel eine Rolle spielt, verantwortlich für die Kriegsquerelen in der Ukraine – die ich übrigens sehr, sehr bedauere –, dann ist das nicht korrekt und nicht anständig. Deshalb finde ich den Vorwurf, dass wir irgendwie Blut an den Händen hätten, total verfehlt.    

Die Sanktionspolitik soll man auf der europäischen Ebene sauber durchziehen und nicht nur halbbatzig.

Aber konkret ist ja etwa die Firma Novatek hier in Zug. Sie hat den Auftrag, russisches LNG-Gas in Europa zu verkaufen.

Ja, diesen Zweck hat sie sich gegeben. Offensichtlich schon seit 15 Jahren und mehr. Davon profitiert hat vor allem Europa. Die Sanktionspolitik soll man auf der europäischen Ebene sauber durchziehen und nicht nur halbbatzig. In den letzten drei Jahren habe ich festgestellt, dass die Sanktionspolitik der EU nur so weit durchgesetzt worden ist, sofern sie den Mitgliedern gepasst hat. Dort, wo Eigeninteresse vorhanden war, war man zurückhaltend.

Durch die Steuerpolitik des Kantons Zug sind dennoch all die russischen Firmen da, die machen können, was sie wollen.

Das stimmt doch nicht. Sie müssen sich an die Verfassung, die Gesetze und unsere Rahmenbedingungen halten. Sie haben mir vor dem Gespräch gesagt, dass die Firma gar nicht sanktioniert ist. Ja, wieso nicht? Weil die Aussenpolitik beim Bund gemacht wird und dieser mir offensichtlich kein Schreiben geschickt hat, dass man die Firma sanktionieren muss. Das hätte ich schon längstens gemacht. Man will die Firma nicht sanktionieren, weil möglicherweise auf europäischer Ebene die eine oder andere Regierung profitiert.

Es hat die Schweiz stark gemacht, dass man eben keine Willkürpolitik betreibt, sondern Rechtsstaatlichkeit im Vordergrund steht.

Aber hat der Kanton Zug nicht auch davon profitiert?

Der Kanton Zug hat möglicherweise davon profitiert. Aber ich kontrolliere bewusst nicht, ob allenfalls aus solchen Firmen gewisse Steuereinnahmen angefallen sind. Wir können eine solche Firma nicht aus dem Kanton Zug hinausbugsieren. Wenn sie Gesetze einhalten, wenn sie die Verfassung einhalten, dann haben sie das Recht, hier ein Domizil zu haben. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Es hat die Schweiz auch stark gemacht, dass man eben keine Willkürpolitik betreibt, sondern Rechtsstaatlichkeit im Vordergrund steht. Dort spielt Moral keine Rolle.

Das Interview führten Pascal Schumacher und Manuela Siegert.

10vor10, 10.1.2025, 21:50 Uhr ; 

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