Eine unübliche Delegation hat die Credit Suisse (CS) an der Waffenplatzstrasse in Zürich besucht: Fünf indigene Frauen aus Nordamerika vom Stamm der Sioux. Sie forderten, die Finanzierung von Unternehmen zu stoppen, welche die Dakota Access Pipeline bauen. Diese Pipeline führt von North Dakota nach Illinois, an einem Indianer-Reservat vorbei. Nachdem der neue US-Präsident Donald Trump die Fertigstellung bewilligt hat, ziehen nun die Sioux die Geldgeber zur Verantwortung.
Wasté Win Young – ihr Name bedeutet «gute Frau» – trägt indigenen Schmuck. Sie hofft, dass die CS ihren Mitstreiterinnen zuhört: «Es ist wichtig, dass sie uns ins Gesicht schauen und wir ihnen sagen können – von Mensch zu Mensch: Ihr finanziert ein Projekt, das meine Gemeinschaft und mein Trinkwasser beeinflusst.»
«Pipelines haben irgendwann Lecks»
Die Dakota Access Pipeline schliesst in den Augen der Befürworter eine wichtige Lücke zwischen den Erdölvorkommen im Norden der USA und dem landesweiten Ölnetz. Gegner wie der Stamm der Standing Rock Sioux, zu denen Wasté Win Young gehört, wehren sich dagegen, weil die Pipeline in ihrem Reservat unter einem See hindurch führen soll. Bei einem Leck würde das Trinkwasser der Region verschmutzt. «Alle Pipelines haben früher oder später Lecks», sagt sie. Den Sicherheitsversprechen der Betreiber glaubt sie nicht.
Mit in die Schweiz gereist ist auch Tara Houska, Anwältin in Washington DC. Sie folgten einer Einladung von Greenpeace. Houska stammt vom Stamm der Anishinabe ab, einem Nachbarvolk der Sioux. Sie erzählt, in Norwegen habe man die grösste Bank des Landes überzeugen können, sich aus der Finanzierung der Pipeline zurückzuziehen. Sie hofft, dass sie auch bei der CS Erfolg hat.
«Wichtiges Signal» für andere Banken
Sie hoffe, dass die Banken sich bewusst würden, dass sich viele Menschen weltweit mit den Indigenen solidarisieren und eine Beteiligung schlecht fürs Image sei. Sie seien auf Druck von aussen angewiesen, meint Anwältin Houska. Sie ist sich bewusst, dass wohl andere einspringen, falls sich die CS zurückziehen würde: «Wir senden ein Signal aus an die Finanzindustrie.»
Neben dem Wasser- und dem Klimaschutz geht es auch um Menschenrechte. Während den monatelangen Protesten gegen den Bau der Pipeline hätten sich die Sicherheitskräfte schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen zu Schulden kommen lassen, betont die Anwältin.
Treffen konstruktiv aber ergebnislos
Tatsächlich hat sich die CS in Erklärungen sowohl zum Schutz der Menschenrechte als auch zum Klimaschutz bekannt. In den letzten Wochen hat die Bank stets betont, dass sie nicht direkt an der Finanzierung der Dakota Access Pipeline beteiligt sei. Die Geschäftsbeziehungen, die sie mit am Projekt beteiligten Firmen pflegt, würden regelmässig überprüft.
Auf Anfrage bezeichnete die CS das Gespräch mit den indigenen Frauen als offen und konstruktiv. Gleichzeitig betonte die Bank aber, dass sie nicht direkt in das Projekt involviert sei.
Die Frauen räumen ein, dass sie beim Treffen nichts Konkretes erreicht hätten. Anwältin Houska ist trotzdem optimistisch und hofft, dass die Bank nach diesem Treffen ihre Haltung überdenke.