Im September 2022 erhöhte die SNB den Leitzins erstmals seit langem wieder in den positiven Bereich. Die Geschäftsbanken gaben die Zinsen bisher aber nur zögerlich an ihre Kundschaft weiter.
Sarah Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz überrascht das zögerliche Verhalten der Banken nicht.
«Wenn irgendetwas zugunsten der Anbieter ist, wird sofort gehandelt. Wenn etwas zugunsten der Konsumentinnen und Konsumenten ist, werden hundert Ausreden gesucht, um es möglichst lange zu verzögern und man noch viel Geld daran verdienen kann», sagt Stalder.
Auch während der Negativ-Zins-Phase haben laut Stalder die Banken ihrer Kundschaft zusätzliche Gebühren verrechnet. Für sie ist eine Zins-Anpassung der Banken daher überfällig.
«First Mover»
Den Wettbewerb bei den Sparzinsen spüren die Neobanken. Es überrascht nicht, dass mit Yuh eine Neobank als erster Finanzdienstleister wieder Zinsen aufs Sparkonto eingeführt hat.
Noch vor der Leitzinserhöhung im September 2022 hatte Yuh die Zinsen auf sein Sparkonto auf 0.5 Prozent gesetzt. Damit will Yuh Neukunden anlocken.
Man wolle schnell auf die Bedürfnisse der Kunden reagieren, sagt Yuh-Geschäftsführer Markus Schwab.«Wir wollen dabei nicht nur der ‹Fast Follower›, sondern der ‹First Mover› sein», so Schwab.
Wenig Anreize für Zinserhöhung
Bei klassischen Banken ist es aber komplexer. Diese arbeiten auch mit langfristigen Krediten, mit fixem Zins. «Eine Bank hat keinen grossen Anreiz, die Sparzinsen schnell zu erhöhen», sagt Andreas Dietrich, Professor für Banking and Finance an der Hochschule Luzern.
Die Banken versuchen wegen langfristigen Zinsen im Hypothekenbereich die Sparzinsen so spät wie möglich weiterzugeben, sagt Dietrich. «Es gibt auch wenig Druck von den Kunden.» Denn es gebe wenig Personen, die wegen niedriger Sparzinsen die Bank wechseln.
Ausblick
Andreas Dietrich denkt, dass die Sparzinsen bald an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden. «Vielleicht nicht gerade zu hundert Prozent, aber ich gehe davon aus, dass viele Banken jetzt in den nächsten Monaten auch ihre Zinsen substanziell erhöhen und in die Nähe des SNB-Leitzinses kommen werden.»