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Warum Warenhäuser noch immer Erfolg haben
Aus Rendez-vous vom 11.07.2024. Bild: Keystone/Ennio Leanza
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Stationär statt digital «Wir haben Spass am einkaufen»: Warum das Warenhaus weiterlebt

Während einstige Konsumtempel verwaisen oder schliessen, investieren Manor und Globus in Warenhäuser. Aus gutem Grund.

Von der Winterjacke übers Parfum bis zum Fondue-Caquelon: Der nächste Einkauf ist heute nur ein Bestell-Button entfernt. Doch egal wie alt wir sind und zu welcher Bevölkerungsgruppe wir gehören: Wir gehen immer noch viel häufiger im physischen Laden einkaufen, als wir etwas im Internet bestellen. «Der stationäre Handel hat durch den Onlinehandel Konkurrenz bekommen», sagt Detailhandelsexperte Marcel Stoffel. Die Bedeutung von Shoppingcentern und Geschäften in den Innenstädten sei aber nach wie vor enorm.

Stoffel hat ausgerechnet, dass ganze 88 Prozent des Geldes im direkten Handel mit Konsumentinnen und Konsumenten vor Ort erzielt werden. Der physische Detailhandel hat im vergangenen Jahr sogar ein klein wenig zugenommen. Gleichzeitig ist die Zahl der Einkäufe im Internet nicht mehr so rasant angestiegen.

Einkaufen als Erlebnis für alle Sinne

Dass das so ist, kann man laut Marketing-Spezialist Philipp Zutt einfach nachvollziehen: «Wir haben Spass am Einkaufen.» Was wir kaufen, beruhe kaum je auf rationalen Überlegungen – weder bei Frauen noch bei Männern, weder bei Jungen noch bei Alten und unabhängig von unserer sozialen Herkunft: «Je mehr Sinneseindrücke es gibt, umso stärker wird unser emotionales Hirn aktiviert.» Im besten Fall würden all unsere fünf Sinne aktiviert. Mit diesem «multi-sensualen Erlebnis» könnten die Onlineshops schlicht nicht mithalten.

Frau probiert Sonnenbrillen in Globus-Filiale an.
Legende: Schmökern, anprobieren, wirken lassen: Moderne Konsumtempel wollen das Einkaufen zum Erlebnis machen. Das ist allerdings leichter gesagt, als getan. Keystone/Gaetan Bally

Die Warenhäuser würden im Grunde zwei wichtige Elemente zusammenbringen, erklärt Stoffel: «Die Kunden schätzen es, einfach, sicher und bequem einzukaufen – und das gepaart mit einem Einkaufserlebnis.» Aber nicht jedes Konzept funktioniert in jeder Stadt, sagt Stoffel. Es ist abhängig von den Anwohnenden und den Läden im Umfeld des Warenhauses.

«Zudem verändern sich die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden», sagt die St. Galler Marketing-Professorin Johanna Gollnhofer. Sie seien bei der Wahl ihres Einkaufsorts wählerischer geworden. Der persönliche Kontakt, die Beratung oder auch die Erlebbarkeit einer Marke können demnach entscheidend dafür sein, wo die Kundschaft ein und aus geht. Oder auch das Erlebnis in der Gruppe. Wer in den nächsten Jahren erfolgreich sein will, muss dabei seine Zielgruppe so präzise wie möglich treffen, meint Gollnhofer.

Stilechte Anprobe auf dem Kunstrasen

Marketingexperte Zutt ergänzt mit einem Beispiel: Wer einen Fussballschuh vor einer Stadionleinwand mit Fangesängen anprobiert und dabei die Stollen in den Kunstrasen gräbt, ist mittendrin statt nur dabei. «Dieser Fussballschuh hat für unser Hirn mehr Bedeutung, als wenn ich ihn einfach aus dem Regal nehme.»

Man kann Läden auch als Inspiration sehen. Wenn der Kunde dann online kauft, ist auch das positiv fürs Unternehmen.
Autor: Johanna Gollnhofer Marketing-Professorin an der Universität St. Gallen

Das braucht Platz – aber es lohne sich, unterstreicht Gollnhofer. Das alte Detailhandelsgesetz, wonach möglichst viel Umsatz pro Quadratmeter Ladenfläche erzielt werden muss, sei nicht mehr zentral. Vielmehr sollte ein Warenhaus die Online- und die Offlinewelt besser verbinden lernen: «Man kann Läden auch als Inspiration sehen. Wenn der Kunde dann online kauft, ist auch das positiv fürs Unternehmen.»

Der Laden als Spielplatz und Treffpunkt, wo man stöbert und sich beraten lässt, aber nicht immer direkt kauft. Und dennoch verführt wird, so viel Geld auszugeben wie möglich. Das ist anspruchsvoll, erfordert ständige Anpassung und kostet Geld. Doch weil wir uns so einfach verführen lassen, lohnt es sich für Investoren auch in Zukunft, Warenhäuser zu führen. Darin sind sich die Fachleute einig.

Rendez-vous, 11.07.2024, 12:30 Uhr

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