Der Krieg in der Ukraine und der Nachklang der Corona-Pandemie belasten die Weltwirtschaft. Sorgen bereitet auch die steigende Inflation. Sie ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Gestiegene Energiepreise bei Gas, Benzin und Erdöl treiben die Inflation an. Aber nicht nur, sagt Wirtschaftsprofessor Reto Föllmi der Universität St. Gallen (HSG).
Experte empfiehlt mehr Zulieferer
Russland und die Ukraine seien nicht die grössten Wirtschaftsnationen, so Föllmi. Aber bei vielen Rohstoffen sei Russland ein wichtiger Akteur. «Ich denke an Düngemittel, aber auch an andere Rohstoffe wie Stahl. All diese Rohstoffe sind nun schwieriger verfügbar, was in der ganzen Lieferkette zu Preissteigerungen führt.»
Düngemittel, Stahl, Nahrungsmittel – vieles wird teurer wegen dieser Lücken in den Lieferketten. Ein Rezept dagegen wären laut Föllmi breiter abgestützte Geschäftsbeziehungen mit einer grösseren Zahl an Zulieferern weltweit.
«Bereits die Coronakrise hat uns gelehrt, dass es bei den Lieferketten wichtig ist, nicht von einem einzelnen Lieferanten abhängig zu sein, sondern dass man vielleicht einen zweiten oder dritten in Reserve hat. Das ist allerdings nicht kostenlos. Es ist natürlich immer am billigsten, wenn man auf einen Zulieferer konzentriert ist und mit grossen Mengen produzieren kann», erklärt Föllmi.
Zögern der EZB
Eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Inflation spielt die Europäische Zentralbank (EZB). Diese hat am Donnerstag beschlossen, den Leitzins bei null Prozent beizubehalten.
Die Geldpolitik der EZB sei derzeit schwer nachvollziehbar, denn die inflationären Risiken würden sich aufbauen, meint Föllmi. «Das Festhalten an den tiefen Zinsen führt meiner Meinung nach dazu, dass man dann später, wenn die Inflation weiter gestiegen ist, erst recht auf die Bremse stehen muss. Und die Kosten werden dann höher sein, als wenn wir jetzt schon eine Wende einleiten.»
Denn die Vergangenheit habe gezeigt: Je länger die Inflation dauert, desto teurer wird es, sie wieder loszuwerden.