So wurde erpresst: Die Bank Sarasin vertrieb an superreiche Kunden bis 2012 Fonds, die auf illegalen Dividendentricks basierten. Zwei Kundenvermittler für die Fonds forderten für einen Zürcher Kunden, der 30 Millionen investierte, 1.5 Millionen Euro Provision. Laut Quellen, die SRF vorliegen, drohten die Vermittler, falls nicht bezahlt werde, würden «ausführliche Informationen über sämtliche zugrunde liegende Strukturen (...) dem Bundesfinanzministerium für Steuern weitergeleitet». Die Bank befürchtete eine «dramatische Eskalation von äusserst unangenehmen Konsequenzen für eine Reihe von Personen und Banken» bei Veröffentlichung des Geschäftsmodells. Letztlich zahlte die Bank eine Million Euro, um dies zu verhindern.
Das passierte mit den Erpressern: Einer der Erpresser lebt in Deutschland, er ist eine ehemalige Führungsperson einer Schweizer Grossbank. Der zweite lebt in der Schweiz. Beide sind deutsche Staatsangehörige. Der in Deutschland lebende Mann wurde 2019 rechtskräftig wegen Erpressung zu elf Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt. Seinen Anteil von 418'000 Euro musste er zurückzahlen. Das zeigt der Strafbefehl des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck, welches den deutschen Täter verurteilte. Unbehelligt blieb der in der Schweiz lebende Kundenvermittler.
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Bild 1 von 5. Verurteilt zu acht Jahren Haft wegen schwerer Steuerhinterziehung. Der deutsche Anwalt Hanno Berger spielte in der Schweiz eine zentrale Rolle bei den Cum-Ex-Fonds, die Sarasin vertrieben hatte. Bildquelle: Keystone / Oliver Berg.
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Bild 2 von 5. Eine Vorabversion des Erpresser-Mails wurde auf einem Computer eines Täters gefunden. Mit «Dr. Fettsack» ist Hanno Berger gemeint, in Anlehnung an seine Körperfülle. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. Die Bank Sarasin hatte bis 2012 Cum-Ex-Fonds an Superreiche vertrieben. Sie musste über 100 Millionen Franken ihren Kunden zurückzahlen. Die Erpresser sind beides deutsche Staatsbürger, der in Deutschland lebende wurde strafrechtlich verfolgt, derjenige, der in der Schweiz lebt, nicht. Seine Tat ist heute verjährt. Bildquelle: Imago / Geisser.
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Bild 4 von 5. «Alle Verfahren rechtskräftig erledigt»: Die Zürcher Staatsanwaltschaft sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, einen Banken-Erpresser laufen gelassen zu haben und die Rechtshilfe mit Deutschland zu verschleppen. Bildquelle: Keystone / Petra Orosz.
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Bild 5 von 5. Gegen Cum-Ex-Täter, Banken, Treuhänder und Anwälte wurde zeitgleich in 14 Ländern ermittelt – aber nicht in der Schweiz, «aus Kapazitätsgründen», hiess es. Als später die Ermittlungen doch noch aufgenommen wurden, waren alle schon gewarnt. Bildquelle: Keystone / Michel Buholzer.
Keine Ermittlungen in der Schweiz: Der ehemalige Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, ist heute Anwalt eines deutschen Whistleblowers. Dem Whistleblower wird in Zürich derzeit der Prozess gemacht. Der Vorwurf: Bankgeheimnisverletzung und Wirtschaftsspionage für Deutschland, weil er bankinterne Dokumente den deutschen Behörden übergab.
Biesenbach sagt im Interview mit SRF: Die Zürcher Justiz wisse von dem Erpresser seit 2014, bis heute habe sie nichts gegen ihn unternommen: «Das muss man sich vorstellen, da erpresst jemand eine Schweizer Bank und bleibt völlig unbehelligt. Für ihn hat sich das Verbrechen gelohnt, denn er kann nicht mehr verfolgt werden, weil die Tat verjährt ist». Seinen erpressten Anteil von 582'000 Franken kann er behalten. Der Mann lebt heute in der Region Zürich und arbeitet als Immobilienberater. Des Weiteren kritisiert Biesenbach die Schweizer Rechtshilfe als zu zögerlich, vieles bleibe in Zürich liegen, was die Verfahren in Deutschland massiv behindere.
Das sagt die Staatsanwaltschaft: Auf die konkrete Frage, warum sie gegen den in der Schweiz lebenden Verdächtigen nicht ermittelt habe, gibt es von der Zürcher Justiz keine Antwort. Sie schreibt summarisch, alle Schweizer Strafverfahren seien inzwischen rechtskräftig erledigt worden. Zum Vorwurf der schleppenden Rechtshilfe schreibt sie: «Das Schweizer Rechtshilferecht ist notorisch schwerfällig und zeitintensiv. Dies kann für Behörden aus Rechtsordnungen, welche kein vergleichbar komplexes Rechtshilferecht kennen, schwer verständlich sein und führt auch in unserer Zusammenarbeit mit dem Ausland immer wieder zu Erklärungsbedarf. Der Staatsanwaltschaft sind aber diesbezüglich die Hände gebunden.»
Rechtskräftig erledigt seien Strafverfahren auch, wenn man sie verjähren lasse, sagt Peter V. Kunz, Wirtschaftsrechtsprofessor an der Universität Bern. Die Argumentation der Zürcher Justiz lässt er nicht gelten. Abklären müsse man jetzt aufgrund der Quellenlage, ob der Staatsanwalt seine Pflichten verletzt habe, sagt Kunz.