Die Mitglieder der OECD haben sich auf eine globale Konzernsteuerreform geeinigt, auf eine Mindeststeuer von 15 Prozent auf Unternehmensgewinnen. Das betrifft auch die Schweiz, denn verschiedene Kantone haben einen tieferen Unternehmenssteuersatz. Der Steuerexperte Christian Frey von Economiesuisse spricht über die Auswirkungen auf die Schweiz.
SRF News: Teilen Sie die Einschätzung des deutschen Finanzministers Olaf Scholz, der diese Einigung als «grössten Durchbruch bei einer weltweiten Steuer in den letzten 20 Jahren» bezeichnete?
Christian Frey: Es ist sicher eine grosse Reform. Olaf Scholz hat es auch schon Steuerrevolution genannt, aber das sehe ich anders. Der Standortwettbewerb, der Wettbewerb der Staaten um innovative Unternehmen, um hochwertige Arbeitsplätze, wird weitergehen. Die Gewinnsteuer ist nur Teil eines Pakets von Standortfaktoren.
Der Standortwettbewerb, der Wettbewerb der Staaten um innovative Unternehmen, um hochwertige Arbeitsplätze, wird weitergehen.
Die Schweiz hat sich zu den Eckwerten bekannt, allerdings unter Bedingungen. Wäre es aus Sicht der Schweizer Wirtschaft besser gewesen, die Schweiz hätte sich auch rausgehalten wie zum Beispiel Irland?
Ich glaube nicht, dass das für die Wirtschaft besser gewesen wäre. Die Schweiz hat sich unter Vorbehalt angeschlossen und damit den Weg offengehalten, dass eben die Umsetzung im Sinne der Schweiz noch angepasst wird. Ich denke, das ist der bessere Weg, als diese Vorlage einfach abzulehnen.
Teil dieser Reform ist auch die Einführung einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent für Grossunternehmen. Steuerexperten rechnen damit, dass etwa 250 Konzerne in der Schweiz von den Plänen betroffen sind. Erzeugt dies nochmal starken Druck auf den Wirtschaftsstandort?
Die Schweiz wird klar stark betroffen sein. Ziel ist es hier offenbar nicht, einfach nur die künstliche Steuervermeidung über Briefkastenfirmen und Steueroasen zu verhindern. Dafür würde auch ein Mindeststeuersatz von 10 Prozent genügen. Das würde die Schweiz nicht betreffen.
Es geht offensichtlich darum, auch den fairen Steuerwettbewerb einzuschränken, also den Wettbewerb um echte ökonomische Substanz, realwirtschaftliche Investitionen, um Arbeitsplätze.
Nun hat man sich für einen Steuersatz von 15 Prozent oder sogar höher entschieden. Es geht offensichtlich darum, auch den eigentlich fairen Steuerwettbewerb einzuschränken, den Wettbewerb um echte ökonomische Substanz, realwirtschaftliche Investitionen, um Arbeitsplätze. Und die grossen Industriestaaten möchten sich hier auch Spielraum verschaffen für Steuererhöhungen, um so Einnahmen für ihre Staatshaushalte zu generieren.
Sie erachten das offenbar nicht als fair, obwohl das Ziel dieser Besteuerung ist, eine fairere Besteuerung zu erreichen. Muss die Schweiz mit Mindereinnahmen rechnen?
Bei einer geschickten Umsetzung dieser Mindeststeuerregeln werden die Mehreinnahmen, die daraus resultieren, in der Schweiz anfallen. Es muss sichergestellt werden, dass die Unternehmen in der Schweiz bleiben. Das kann sichergestellt werden, indem man Massnahmen ergreift, eben den Wirtschaftsstandort attraktiv zu halten.
Ein Nachteil, den die Schweiz hat, sind die hohen Kosten. Die Schweiz ist ein teurer Standort, etwa bei den Löhnen und auch bei den Immobilienpreisen. Bisher konnte man das über tiefe Steuern ausgleichen. Neu wird man sich andere Massnahmen überlegen müssen, um diese hohen Kosten auszugleichen. Es ist klar, die Schweiz muss auch in Zukunft ein erstrangiger Standort für internationale Firmen bleiben.
Wann rechnen Sie damit, dass diese Reformen in Kraft treten könnte?
Die OECD hat hier ein Datum genannt. 2023 soll das in Kraft gesetzt werden. Das ist sicher ein ambitionierter Plan. Wir werden sehen, ob das gelingt,
Das Gespräch führte Maren Peters.