Vor sieben Jahren beschloss das Volk den Ausstieg aus der Atomkraft. Vor fünf Jahren schaltete der Stromkonzern BKW mit der damaligen Chefin Suzanne Thoma das AKW Mühleberg ab. Heute ist eine Ewigkeit später.
Suzanne Thoma ist mittlerweile Chefin von Sulzer. Auf die Frage, ob die Schweiz in 20 Jahren ein neues AKW haben wird, sagt sie im «Eco Talk»: «Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich. Dann hoffentlich eines der Modernsten, die es gibt.»
AKWs müssten heute länger in Betrieb bleiben, weil keine neuen gebaut werden dürfen. Das koste nicht nur viel, es sei auch eine Frage der Sicherheit.
Wieder ein Kübel Wasser auf die Mühlen der AKW-Befürworter. Vergangene Woche stellte schon Energieminister Albert Rösti einen solchen bereit. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, will Rösti im Rahmen des Gegenvorschlages zur Blackout-Initiative das bestehende AKW-Neubauverbot streichen.
Gegner wollen davon nichts wissen
Marcel Tobler von der Schweizerischen Energie-Stiftung hält nichts von neuen AKWs. Weil das Stimmvolk solche verboten und dies «mehrmals an der Urne bekräftigt» habe. Weil noch gar keine neue AKW-Generation existiere. Und weil Planung und Bau länger dauerten «mit massiven Kostenüberschreitungen».
Sonnen-, Wind- und Wasserkraft liessen sich besser, schneller und günstiger nutzen, sagt Tobler. Den Zubau von Photovoltaik befürwortet zwar auch Suzanne Thoma. Sie schränkt aber ein: Es sei eine teure Lösung, nicht mit Blick auf einzelne Panels, sondern auf die Systemkosten.
Und, viel grundsätzlicher: Entscheidend sei die Versorgungssicherheit im Winter. Hier könne Photovoltaik einen Beitrag leisten. «Aber unsere Versorgung darauf abzustellen, als Industrie- und Dienstleistungs-Land, das viel Energie braucht, das ist für mich völlig ausgeschlossen.»
Investoren fehlten
Solarstrom-Pionier Thomas Nordmann sieht das anders. Die Schweiz habe künftig dank Photovoltaik nur von Dezember bis Februar einen Versorgungsengpass. Wegen dieser drei Monate im Jahr ein neues AKW zu bauen, das ganzjährig Bandenergie produziere, sei falsch.
Selbst wenn man einen Investor hätte, könnte man frühestens in 20 Jahren zu bauen beginnen.
Erstens müsse man einen Investor finden, der die benötigten 10 oder 20 Milliarden Franken hat. Weder die Elektrizitätswirtschaft noch Banken seien bereit, dieses Risiko einzugehen.
«Selbst wenn man einen Investor hätte, könnte man frühestens in zwanzig Jahren zu bauen beginnen, weil man mindestens zwei Mal vor Bundesgericht gehen müsste und es zu einer Volksabstimmung käme», sagt Nordmann. «Bis dann müssen wir das Problem schon gelöst haben.» AKW-Befürwortern zufolge könnten neue AKW-Generationen deutlich günstiger werden als heutige.
Laut Marcel Tobler deckt Solarstrom heute zehn Prozent des Strombedarfs. «Die Solarenergie wird die Winterstromproduktion der AKW wohl in zehn bis zwölf Jahren erreichen; schneller als nur schon die Planungszeit für ein neues AKW.»
Thoma: «Man wäre im Bundeshaus ausgelacht worden»
Fragt sich, warum die BKW Mühleberg nicht am Netz liess und den Staat um Geld für die notwendige Sanierung bat – etwa 200 bis 300 Millionen Franken.
Thoma winkt ab: «Wenn man damals ins Bundeshaus gegangen wäre mit der Bitte um 200 oder 300 Millionen für ein Kernkraftwerk, wäre man ausgelacht oder hinausgeworfen worden.»
Tatsächlich hatte die Atomaufsicht damals teure Sicherheitsmassnahmen gefordert, ehe Mühleberg als erstes AKW der Schweiz vom Netz ging.