Die Löhne in der Schweiz dürfen nicht leiden unter neuen Verträgen mit der EU. Das betonen die Gewerkschaften, seit die Schweiz und die EU verhandeln. Am Freitag haben sie noch einmal bekräftigt, dass sie neuen Verträgen nur zustimmen, wenn der Lohnschutz gewährleistet sei. In der «Samstagsrundschau» von Radio SRF sieht der Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Daniel Lampart, die Arbeitgeber in der Pflicht.
SRF News: In den vergangenen Monaten ist der Gewerkschaftsbund äusserst hart aufgetreten. Am Freitag haben Sie selbst die Vorteile von guten Beziehungen zur EU herausgestrichen. Man hat das Gefühl, Sie hätten Angst, dass die Basis die Verträge gar nicht mehr will, weil sie grundsätzlich skeptisch ist gegenüber der EU.
Daniel Lampart: Nicht nur bei uns, sondern auch auf der Seite der Arbeitgeber ist Skepsis gegenüber der EU spürbar, weil die EU Fehler macht – wie die Schweiz im Übrigen auch. Politisch ist für unsere Leute der Lohndruck das grosse Problem und das löst riesige Abwehrreaktionen aus. Gleichzeitig sind wir ein Land in Europa. Die Entwicklung geht voran und es ist symptomatisch - wir haben Künstliche Intelligenz aus den USA, wir haben KI von China, aber es gibt keine KI von Europa. Und das zeigt schon, dass wir im demokratischen, sozialen Europa gut zusammenarbeiten müssen. Denn Europa muss den Leuten nützen, sonst lehnen sie die Integration ab.
Politisch ist für unsere Leute der Lohndruck das grosse Problem und das löst riesige Abwehrreaktionen aus.
Trotzdem: Sie haben lange gesagt, die Verträge seien eine Katastrophe und man hat das Gefühl, Sie sähen einen möglichen Weg zu einer Einigung.
Wir werden sehen. Seitens Arbeitgeber besteht ein grosser Unwille. Das Positive ist, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco kreativer ist als früher. Da haben wir das Gefühl, mit denen können wir vielleicht etwas entwickeln, aber ich will keine falschen Hoffnungen machen.
Der Bundesrat hat im Dezember das Verhandlungsresultat in groben Zügen vorgestellt. Aus Sicht der Gewerkschaft ist klar, der Lohnschutz würde geschwächt. Wie denn ganz konkret?
Es sind drei Bereiche: Erstens können wir mit dem Abkommen weniger gut kontrollieren, welche ausländischen Firmen in die Schweiz kommen. Zweitens können wir Firmen, die sich nicht an Schweizer Löhne halten, weniger gut büssen. Und drittens hat die EU ihre merkwürdige Spesenregelung in den Verhandlungen mit der Schweiz durchgesetzt. Diese besagt, dass Spesen nicht in der Höhe bezahlt werden, wie sie im Zielland üblich sind - also dort, wo ein Auftrag ausgeführt wird - sondern gemäss den Preisen im Herkunftsland.
Sie fordern den Bundesrat auf, die Spesenregelung nachzuverhandeln. Das ist doch völlig unrealistisch!
Es wäre einfach am besten, wenn wir das noch abwenden könnten. Denn wenn die Regel da ist, müssen wir sie auch anwenden.
Aber in diesem Punkt sind ja die Arbeitgeber Ihrer Meinung. Da müsste man doch eine Lösung finden. Notfalls könnte man sich auch einfach nicht daran halten, wie das gewisse EU-Staaten machen.
Das ist riskant. Vor Bundesgericht hätte das wohl keinen Bestand. Es war ein grosser Fehler, dass man in den Verhandlungen nicht darauf gepocht hat. Aber wir schauen jetzt mal, was wir damit machen können.
Die Arbeitgeber haben eigentlich noch nie Ja gesagt zu flankierenden Massnahmen.
Eigentlich sollten die Sozialpartner eine Lösung finden und der Bundesrat diese nur absegnen. Wenn Sie es nicht schaffen, muss der Bund ein Machtwort sprechen. Wäre Ihnen das lieber?
Am Schluss hat der Bund in der Vergangenheit ohnehin immer ein Machtwort gesprochen. Die Arbeitgeber haben eigentlich noch nie Ja gesagt zu flankierenden Massnahmen.
Das Gespräch führte Klaus Ammann.