Ein Steinportal aus den 1940er-Jahren rahmt eine mächtige Holztüre ein. Dahinter geht es in den Berg hinein. Dort liegen die Turbinenhallen der Kraftwerke Oberhasli (KWO). Darin stehen massive, meterhohe Generatoren.
Insgesamt produziert die KWO so viel Strom, wie eine Million Personen pro Jahr verbrauchen. Allerdings: «Bei einem Blackout, wenn das ganze Netz zusammenbricht, werden hier alle Maschinen stehen. Dann gilt es, die Maschinen wieder zu starten, um ein Netz aufzubauen», erklärt der Betriebsleiter der Kraftwerke, Martin Seiler.
Das geschieht mit einer kleinen Maschine tief im Berg drin. Eine unscheinbare Apparatur ist gewissermassen die Keimzelle, um die Schweiz wieder mit Strom versorgen zu können: «Das ist die erste Maschine, die automatisch innerhalb von einer halben Minute startet.»
Dann wird es plötzlich dunkel in der Halle. Der Strom ist ausgefallen – übungshalber natürlich. Wie angekündigt beginnt die kleine Hausmaschine, Strom zu produzieren: «Damit haben wir in kurzer Zeit wieder eine Speisung oder ein Netz im Kraftwerk verfügbar.»
Dieses interne Stromnetz braucht es, damit auch die grossen Turbinen wieder in Gang kommen. Hörbar schiessen nun gewaltige Wassermengen aus Düsen auf eine Turbine, die sich zu drehen beginnt.
Anschliessend werden Hochspannungsleitungen in anderen Kraftwerken unter Spannung gesetzt. «Dann können wir in weiteren Kraftwerken Turbinen starten. So bauen wir ein Inselnetz auf. Wir nennen es so, weil es nicht mit einem umliegenden Netz verbunden ist.»
Erst in einem zweiten Schritt werden Haushalte und Firmen zugeschaltet. Allerdings behutsam, um das System nicht zu überlasten, wie Martin Seiler betont.
Zuerst würden Gebiete in der Region angeschlossen. Bis dann auch das Mittelland wieder Strom hätte, würde es länger dauern, flächendeckend einen Tag oder länger.
In der Leitzentrale der KWO werden die Turbinen, Maschinen und Stauseen gesteuert. Alle wichtigen Informationen dazu werden auf einem wandgrossen Bildschirm angezeigt. Alles im grünen Bereich.
Doch wann würde es anders aussehen? «Einerseits können Witterungseinflüsse, Stürme, die Leitungen beschädigen und damit zu einer Abschaltung von gewissen Netzgebieten führen. Das kann lokal oder grossflächiger sein», sagt Seiler.
Auch das europäische Verbundnetz kann eine Störung haben. Gründe können Fehler oder Abschaltungen in der Übertragung zwischen Teilen von Europa sein. Das kann dazu führen, dass die einen Teile zu viel, die anderen zu wenig Produktion haben. «Das könnte im Extremfall zu einem europaweiten Blackout führen.»
Bei einer Strommangellage rechnet Seiler nicht damit, dass das Stromnetz unkontrolliert zusammenbricht: «Es würden frühzeitig Massnahmen ergriffen, um den Verbrauch zu reduzieren. Damit möchte man verhindern, dass das Netz ganz abschaltet oder zusammenbricht.»
Eine Strommangellage würde sich über Stunden, Tage oder Wochen akzentuieren und nicht plötzlich eintreten. «Die wird sich über längere Zeit verschärfen und von dem her auch vorhersehbar sein.»
Gleichwohl hofft Martin Seiler, dass der Ernstfall nie eintritt: weder eine Strommangellage noch ein Stromausfall. Und falls doch, so weiss er nach dem heutigen Test zumindest, dass seine Maschinen funktionieren – und er damit die Stromversorgung wieder hochfahren könnte.