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Systemrelevante Grossbanken Wie viel Eigenkapital braucht die «neue» UBS in Zukunft?

Die Credit Suisse (CS) sei vor allem deswegen untergegangen, weil die Grossbank massiv an Vertrauen verloren habe und darum in kürzester Zeit Kundengelder in Milliardenhöhe abgeflossen seien. So lautet die meistgehörte Erklärung. Weniger bekannt ist, dass die CS über Jahre auch viel zu wenig Eigenkapital hatte. Was wiederum zur Frage führt, wie viel Eigenkapital die «neue» UBS künftig halten soll. SRF-Wirtschaftsredaktor Marcel Sigrist erläutert die wichtigsten Punkte.

Marcel Sigrist

Wirtschaftsredaktor

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Marcel Sigrist ist seit 2007 SRF-Wirtschaftsredaktor. Der Ökonom publiziert insbesondere zu Banken, Altersvorsorge, öffentlichem Verkehr und zum Gesundheitssystem.

Warum hatte die CS zu wenig Eigenkapital?

Bereits ab 2011 hatte sich abgezeichnet, dass die CS mehr Eigenkapital brauchen wird als bis anhin. Grund waren die neuen internationalen Bilanzregeln für systemrelevante Grossbanken. Doch aufgebaut hat die Grossbank keines. Stattdessen sprach sie bei der Finanzmarktaufsicht (Finma) vor und ersuchte diese um einen sogenannten regulatorischen Filter. Also um die Möglichkeit, ihr Eigenkapital höher auszuweisen als es tatsächlich war. Ein Element dieses Filters war, dass die CS stille Reserven, beispielsweise bei Tochterfirmen, als Eigenkapital ausweisen durfte. Insgesamt ging es dabei um rund 15 Milliarden Franken. Zudem handelte die CS mit der Finma zusätzliche Kapitalerleichterungen aus.

War die Finma gegenüber der CS zu nachsichtig?

Corinne Zellweger-Gutknecht, Professorin für Wirtschaftsrecht an der Universität Basel, hat die Kapitalsituation der CS ausführlich untersucht und für den PUK-Bericht ein Gutachten verfasst. Für die Expertin ist der regulatorische Filter der Finma gegenüber der CS nachvollziehbar. Die Finma habe die Hoffnung gehabt, dass die Bank damit genug Zeit habe, Eigenkapital aufzubauen, sagt Zellweger-Gutknecht. Leider habe sich diese Hoffnung nicht verwirklicht. Die Finma selbst räumt heute ein, dass sie den regulatorischen Filter zeitlich hätte befristen müssen. Die UBS hatte im Zuge der Übernahme 2023 zwar keinen regulatorischen Filter, aber gewisse Kapitalerleichterungen erhalten. Die Bank sagt dazu, solche gebe es heute nicht mehr.

Wieso sind die Auslandstöchter der UBS beim künftigen Eigenkapital wichtig?

Bei der Frage, wie viel Eigenkapital die «neue» fusionierte UBS künftig halten soll, spielen ihre zahlreichen Tochtergesellschaften im Ausland eine wichtige Rolle. Etwa 50 Prozent des Geldes, welches das Mutterhaus dort investiert, muss heute aus eigenen Mitteln bereitgestellt werden. 2028 werden es 60 Prozent sein. So kann die UBS viel Eigenkapital sparen: Denn würde sie das Vermögen der Töchter selbst halten, müsste sie es schon heute zu 100 Prozent mit Eigenmitteln unterlegen. Allerdings kann fehlendes Eigenkapital zum Problem werden, wenn die Tochterunternehmen an Wert verlieren – und ebenso, wenn in einer Krise ausländische Behörden ein sogenanntes «Ringfencing» anordnen, also den Geldfluss von den Töchtern zum Mutterhaus einschränken, was dieses schwächen würde.

Beleuchtetes Gebäude der UBS am Paradeplatz in Zürich.
Legende: Es stellt sich die Frage nach der künftigen Grösse des Eigenkapitals dieser «neuen» UBS, hier das Gebäude der ehemaligen Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz, versehen mit dem Logo der UBS. KEYSTONE / Ennio Leanza

Welche Position nimmt die UBS bei künftigen Eigenkapitalforderungen ein?

Die UBS stellt sich nicht grundsätzlich gegen zusätzliches Eigenkapital. Sie will aber verhindern, dass sie ihre Tochterunternehmen künftig zu 100 Prozent mit Eigenkapital unterlegen muss. Dieses Eigenkapital könne, so die UBS, nicht produktiv investiert werden. Laut Konzernchef Sergio Ermotti würde dies den Aktionären, aber auch den Konsumenten und Unternehmen schaden. Die Politik wird in den nächsten Monaten aushandeln, wie viel zusätzliches Eigenkapital die Grossbank wird aufbauen müssen. Es ist absehbar, dass gefeilscht wird.

10 vor 10, 20.02.2025; 21:50 Uhr

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